2. PflegeArbbV: Neues vom Mindestentgelt (“Mindestlohn”) in der Pflegebranche

Zum 01.01.2015 ist die sog. Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (Zweite Pflegearbeitsbedingungenverordnung – 2. PflegeArbbV) vom 27.11.2014 in Kraft getreten. Sie löste die (erste) PflegeArbbV, über die wir bereits im Zusammenhang mit der Entscheidung des BAG, Urt. v. 19.11.2014, Az. 5 AZR 1101/12 berichtet hatten, ab.

Die 2. PflegeArbbV gliedert sich in 5 Paragraphen, die – exemplarisch – im wesentlichen folgende Regelungen beinhalten:

§ 1 Geltungsbereich: Die Verordnung gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Pflegebranche ("Pflegebetriebe"), aber z.B. nicht für Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz sowie nicht für Pflegeschülerinnen und Pflegeschüler. Sie gilt ferner z.B. nicht für Krankenhäuser und auch nicht für berufliche Orientierungsphasen für die Dauer von bis zu sechs Wochen.

§ 2 Mindestentgelt: Die Verordnung enthält zeitlich gestaffelte Mindeststundenentgelte, die bei 9,40 € (West) und 8,65 € (Ost) ab 01.01.2015 beginnen. Für Wegezeiten und besondere Arbeitszeitformen bestehen Sonderbestimmungen (siehe unten).

§ 3 Fälligkkeit: Die Verordnung trifft Regelungen zur Fälligeit des Mindestentgelts.

§ 4 Ausschlussfrist: Die Verordnung sieht eine (einstufige) Ausschlussfrist von zwölf Monaten zur schriftlichen Geltendmachung vor.

§ 5 Inkrafttreten, Außerkrafttreten: Die Verordnung ist ab 01.01.2015 bis zum 31.10.2017 in Kraft.

Hinweise von Rechtsanwalt Michael Kügler:

Die vorliegende Verordnung findet ihre rechtliche Grundlage im sog. Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und beinhaltet einen branchenspezifischen "Mindestlohn". Dieser geht den Regelungen des (allgemeinen) Mindestlohngesetzes (MiLoG) vor  (siehe näher § 1 Abs. 3 MiLoG).

Anders als das MiLoG – und auch anders als die (erste) PflegeArbbV – enthalten § 2 Abs. 3 und 4 der 2. PflegeArbbV gesetzliche Sonderbestimmungen zu bestimmten Formen der Arbeitszeit:

§ 2 Abs. 3 der 2. PflegeArbbV enthält Sonderregeln für Zeiten des Bereitschaftsdienstes. Unter Bereitschaftsdiensten versteht die Verordnung (§ 2 Abs. 3 S. 1 und 2) solche Zeiten, an denen sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

"auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens 75 Prozent beträgt. Sie sind im Dienstplan zu hinterlegen." (Herv. v. Verf.)

Die 2. PflegeArbbV lässt nun grundsätzlich – mit weiteren Besonderheiten nach Anzahl und Intensität des Arbeitseinsatzes – zu, dass diese Bereitschaftszeiten (nur) mit einem Mindestanteil von 25 Prozent als Arbeitszeiten gewertet werden (§ 2 Abs. 3 S. 3 bis 5 der 2. PflegeArbbV):

"Zum Zwecke der Entgeltberechnung kann die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit auf der Grundlage einer kollektivrechtlichen oder einer schriftlichen einzelvertraglichen Regelung mit mindestens 25 Prozent als Arbeitszeit bewertet werden. Leistet die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in einem Kalendermonat mehr als acht Bereitschaftsdienste, so ist die Zeit eines jeden über acht Bereitschaftsdienste hinausgehenden Bereitschaftsdienstes zusätzlich mit mindestens 15 Prozent als Arbeitszeit zu bewerten. Umfasst die Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes mehr als 25 Prozent, ist die darüber hinausgehende Arbeitsleistung zusätzlich mit dem Mindestentgelt nach Absatz 1 zu vergüten."

§ 2 Abs. 4 der 2. PflegeArbbV betrifft sog. Rufbereitschaft. Sie ist von der Verordnung ausgenommen (§ 2 Abs. 4 S. 1):

"Von dieser Verordnung nicht erfasst werden Zeiten der Rufbereitschaft."

Sie wird vom Verordnungsgeber wie folgt definiert (§ 2 Abs. 4 S. 2 ff.):

"Rufbereitschaft im Sinne dieser Verordnung leisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Das Vorliegen von Rufbereitschaft in diesem Sinne ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber mit einem Mobiltelefon oder einem vergleichbaren technischen Hilfsmittel ausgestattet ist. Im Falle einer Arbeitsaufnahme ist die geleistete Arbeitszeit mindestens in Höhe des nach Absatz 1 maßgeblichen Mindestentgelts zu vergüten."

Die Regelung des § 2 Abs. 4 wird in der derzeitigen Diskussion im Übrigen auch als Argument dafür herangezogen, dass Rufbereitschaft auch im Anwendungsbereich des allgemeinen Mindestlohnes nicht vom MiLoG erfasst wird.

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