Altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer kann unwirksam sein
Das Bundesarbeitsgericht hat am 20.03.2012 entschieden (AZ. 9 AZR 529/10), dass eine Regelung wie in § 26 TVöD, wonach Arbeitnehmern nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr Urlaubstage zustehen als jüngeren Beschäftigten, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoße. Eine solche Urlaubsstaffelung lasse sich insbesondere nicht mit dem Argument rechtfertigen, dass hierdurch dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung getragen würde. Rechtsfolge des Verstoßes sei eine Anpassung des Urlaubsanspruchs jüngerer Arbeitnehmer an jene der Älteren.
Auf das Arbeitsverhältnis der 1971 geborenen und seit 1988 beim beklagten Landkreis beschäftigten Klägerin findet der TVöD Anwendung. Nach § 26 TVöD beträgt der jährliche Urlaubsanspruch für Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres 26 Arbeitstage, bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres 29 Arbeitstage und nach Vollendung des 40. Lebensjahres 30 Arbeitstage. Die Klägerin sah in dieser Urlaubsstaffelung eine unzulässige Altersdiskriminierung und verlangte für die Jahre 2008 und 2009 einen Jahresurlaub von 30 Tagen, obwohl sie im maßgeblichen Zeitraum das 40. Lebensjahr noch nichtvollendet hatte. Der beklagte Landkreis machte dagegen geltend, dass die Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei. Die
Urlaubsstaffelung verfolge das legitime Ziel, dem erhöhten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer zu entsprechen. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt; das LAG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin
hob das BAG das Berufungsurteil auf und stellte die klagestattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts wieder her.
Der Klägerin steht für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zu. Die Differenzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD benachteiligt Beschäftigte, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unmittelbar und verstößt gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters aus § 7 Abs. 1 und
Abs. 2 AGG i.V.m. § 1 AGG. Hiernach dürfen Beschäftigte u.a. nicht wegen ihres Alters benachteiligt werden, wobei eine unmittelbare Benachteiligung vorliegt, wenn eine Person wegen ihres Alters eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Die tarifliche Urlaubsstaffelung verfolgt insbesondere nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. Ein gesteigertes Erholungsbedürfnis von Beschäftigten
bereits ab dem 30. bzw. 40. Lebensjahr lässt sich kaum begründen. Der Verstoß der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD angeordneten Staffelung der Urlaubsdauer gegen das Verbot der Altersdiskriminierung kann nurbeseitigt werden, indem die Dauer des Urlaubs der wegen ihres Alters diskriminierten Beschäftigten in der Art und Weise “nach oben” angepasst wird, dass auch ihr Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage beträgt.
9 AZR 529/10
9 AZR 529/10