Arbeitgeber können gegenüber Betriebsrat zur Information über für ein BEM in Betracht kommende Arbeitnehmer verpflichtet sein

Das Bundesarbeitsgericht hat am 07.02.2012 entschieden (AZ. 1 ABR 46/10), dass der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet sein könne, mitzuteilen, welche Arbeitnehmer für ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) in Betracht kommen, damit der Betriebsrat seine diesbezügliche Überwachungspflicht erfüllen könne. Das gelte jedenfalls dann, wenn eine solche Informationspflicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt sei. Eine Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer in die Weitergabe ihrer Namen sei in diesem Fall nicht erforderlich. Ihrer namentlichen Benennung stünden zudem weder datenschutzrechtliche Gründe noch das Unionsrecht entgegen.

Im Betrieb eines auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrttechnik tätigen Arbeitgebers besteht eine Betriebsvereinbarung über die Durchführung des BEM. Hiernach erhält der Betriebsrat quartalsweise ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die im Jahreszeitraum mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig waren und daher für einBEM in Betracht kommen. Weiter regelt die Betriebsvereinbarung, dass das BEM unterWahrung der jeweils gültigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen habe. 2009 weigerte sich der Arbeitgeber aus datenschutzrechtlichen Gründen, dem Betriebsrat ein Verzeichnis der für ein BEM in Betracht kommenden Mitarbeiter herauszugeben. Er begründete seine Weigerung damit, dass die Regelungunter Berücksichtigung des in Art. 8 der Grundrechtecharta geregelten Schutzes personenbezogener Daten unionsrechtskonform einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass für die Übermittlung personenbezogener Daten die vorherige Zustimmung des betroffenen
Mitarbeiters erforderlich sei. Der Betriebsrat beantragte, den Arbeitgeber zu verpflichten, ihm ein Verzeichnis der für ein BEM in Betracht kommenden Mitarbeiter zu übergeben. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag statt. Die hiergegen gerichtete Sprungrechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.

Der Arbeitgeber muss gegenüber dem Betriebsrat die Arbeitnehmer benennen, die die Voraussetzungen für ein BEM erfüllen. An einem BEM können Arbeitnehmer teilnehmen, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Für diesen Personenkreis hat der Arbeitgeber gem. § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX die Durchführung eines BEM zu prüfen. In diesem Verfahren soll geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Ob der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Einleitung des BEM nachkommt, muss der Betriebsrat gem. § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX überwachen. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist nicht von der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer abhängig. Da der Betriebsrat für die Ausübung seines gesetzlichen Überwachungsrechts die betroffenen Arbeitnehmer kennen muss, trifft den Arbeitgeber imStreitfall – jedenfalls aufgrund der Betriebsvereinbarung – eine Informationspflicht. Die namentliche Benennung der Arbeitnehmer verstößt auch weder gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen noch gegen das Unionsrecht.

Aktenzeichen:

1 ABR 46/10

1 ABR 46/10

1 ABR 46/10

1 ABR 46/10