BAG: Erhebung der Kündigungsschutzklage wahrt nicht die Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs

Allein durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage werden etwaige Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nicht gewahrt.

Die Parteien stritten unter anderem darüber, ob der zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Kläger zustehende Urlaubsabgeltungsanspruch gemäß einer im Arbeitsvertrag enthaltenen Verfallklausel erloschen ist. Die Klausel sah vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Es handelt sich dabei um eine sogenannte einstufige Verfallklausel.

Zunächst stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung als reiner Geldanspruch Ausschlussfristen unterliegen kann. Nach der bereits bestehenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt dies sowohl für tarifvertragliche Ausschlussfristen, als auch für Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigt in diesem Zusammenhang zugleich, dass Ausschlussfristen einer weitverbreiteten Übung im Arbeitsleben entsprechen und deshalb keine überraschenden Klauseln im Sinne von § 305c Abs.1 BGB sind. Solche Klauseln können grundsätzlich wirksam vereinbart werden, soweit bei einzelvertraglicher Einbeziehung eine Mindestverfallfrist von drei Monaten eingehalten wird.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger mit einer im Dezember 2015 eingereichten Klage Urlaubsabgeltungsansprüche aus 30 Urlaubstagen des Kalenderjahres 2014 geltend gemacht. Im Oktober 2014 hatte der Kläger nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage eingereicht, darin die Urlaubsabgeltungsansprüche aber noch nicht geltend gemacht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wahrt eine Bestandsschutzklage, ohne dass es einer bezifferten Geltendmachung bedarf, eine einstufige Ausschlussfrist bzw. die erste Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist für alle aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche. Die Ansprüche müssen hierzu weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden.

Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist allerdings kein an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geknüpfter Anspruch, sondern setzt gerade mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Gegenteil dessen voraus. Will ein Arbeitnehmer den Verfall solcher Ansprüche verhindern, reicht daher die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht aus.

 

 

Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Sowohl einzelvertragliche, als auch tarifvertraglich geregelte Ausschlussfristen beschäftigen immer wieder die Arbeitsgerichte. In der Praxis ist es für viele Parteien inzwischen selbstverständlich, dass zur Wahrung von Entgeltansprüchen bei wirksam vereinbarten Verfallklauseln die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichend ist, da diese Klage nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts alle aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche wahrt.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist aber gerade kein Anspruch, der aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultiert, sondern setz gerade seine Beendigung voraus. Wenn hier also die Frist gewahrt werden soll, ist dazu erforderlich, dass der Anspruch innerhalb der Verfallfrist form- und fristgerecht geltend gemacht wird. Allein die Erhebung der Bestandsschutzklage reicht hierfür nicht aus. In der Praxis ist daher die Ausschlussfrist nur dann gewahrt, wenn im Zusammenhang mit der Kündigungsschutzklage etwa ein echter Hilfsantrag auf Urlaubsabgeltung für den Fall gestellt wird, dass das Gericht von einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ausgeht.

 

Gericht:

BAG

 

Aktenzeichen:

9 AZR 80/17

 

Datum der Entscheidung:

17.10.2017