BAG: Ärztlicher Hintergrunddienst: Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst
Im streitigen Fall leistete ein Oberarzt, auf dessen Arbeitsverhältnis der TV-Ärzte/TdL Anwendung findet, außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit regelmäßig Hintergrunddienste. Während dieser Dienste musste der Kläger auch telefonisch erreichbar sein. Im Übrigen enthielten die Anordnungen des Arbeitgebers jedoch keine Vorgaben zum Aufenthaltsort oder der Zeitspanne, innerhalb derer der Kläger die Arbeit in der Klinik im Bedarfsfall aufzunehmen hatte. Im Hintergrunddienst hatte der Kläger dabei auch mögliche Organtransplantationsangebote der Stiftung Eurotransplant zu bearbeiten, wobei er nach dem telefonischen Angebot innerhalb von 30 Minuten u.a. die mitgeteilten Daten bezüglich Spender, Organ, Patient und Dialysearzt prüfen und den Patienten sowie den zuständigen Dialysearzt telefonisch kontaktieren musste.
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung der Hintergrunddienste als Bereitschaftsdienst und damit gegenüber der vom Krankenhaus vorgenommenen Vergütung als Rufbereitschaft eine höhere Vergütung.
Nach dem jetzt vorliegenden Urteil des BAG handelt es sich bei dem von dem Kläger geleisteten Hintergrunddienst um Rufbereitschaft. Für die Abgrenzung ist demnach aufgrund der rein vergütungsrechtlichen Auseinandersetzung ausschließlich auf nationales Recht abzustellen und nach den tariflichen Definitionen in § 7 IV 1 bzw. VI 1 TV-Ärzte/TdL zu beurteilen.
Rufbereitschaft liege demnach dann vor, wenn sich ein Arbeitnehmer nach den Vorgaben des Arbeitgebers nicht an einem bestimmten Ort aufhalten müsse, sondern seinen Aufenthaltsort frei wählen könne. Dabei sei der Arbeitnehmer auch bei Rufbereitschaft in der Wahl seines Aufenthaltsortes nicht völlig frei. Entscheidend sei, dass die Pflicht, dienstliche Telefonanrufe entgegenzunehmen und damit die Arbeit unverzüglich aufzunehmen, nicht mit einer räumlichen Aufenthaltsbeschränkung einhergehe.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Wichtig ist, dass die Entscheidung einen rein vergütungsrechtlichen Charakter trägt. Das BAG stellt zutreffend fest, dass § 7 VI 2 TV-Ärzte/TdL die Anordnung von Rufbereitschaft unzulässig ist, wenn erfahrungsgemäß nicht lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfalle. Genau so aber verhielt es sich in dem entschiedenen Fall, da der Kläger in etwa der Hälfte der Hintergrunddienste zur Arbeit herangezogen und zu 4 % aller Rufbereitschaftsstunden tatsächliche Arbeit geleistet hatte.
Das BAG stellt insofern fest, dass sich die Tarifvertragsparteien bewusst dafür entschieden hätten, für den Fall einer tarifwidrigen Anordnung von Rufbereitschaft keinen höheren Vergütungsanspruch vorzusehen. In der Praxis ist daher darauf zu achten, dass in diesen Fällen Bereitschaftsdienst und nicht Rufbereitschaft anzuordnen ist.
Gericht:
BAG
Datum der Entscheidung:
25.03.2021
Aktenzeichen:
6 AZR 264/20