BAG: Anspruch auf tarifliche Zusatzleistung bei Inkrafttreten des Tarifvertrages nach Betriebsübergang

Bei einem Betriebsübergang werden nur solche Tarifverträge gem. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformiert, die zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges bereits in Kraft getreten sind. Dass ein Tarifvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits von den Tarifvertragsparteien unterzeichnet wurde, reicht nicht aus.

Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di und war seit dem Jahr 1989 bei der N AG beschäftigt. Im Jahr 2004 wurden zwischen der N AG und der Gewerkschaft ver.di ein Sanierungstarifvertrag und ein Tarifvertrag Zusatzzahlung, der ab dem Jahr 2008 eine jährliche Zusatzleistung in Höhe von 1.473,00 € vorsah, vereinbart. Der Sanierungstarifvertrag trat zum 01.01.2005 in Kraft und endete zum 31.12.2007. Um den Arbeitgeber nicht mit der Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen zu belasten, vereinbarten die Tarifvertragsparteien für den TV Zusatzzahlung, dass dieser erst „am 01.01.2008 in Kraft“ treten sollte. Aufgrund Betriebsübergangs ging das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.03.2007 auf die nicht tarifgebundene Beklagte über. Diese weigerte sich, die Zusatzzahlung nach dem TV Zusatzzahlung zu leisten. Das Bundesarbeitsgericht gab der Beklagten recht. Bei einem Betriebsübergang werden nur die Tarifverträge gem. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformiert, die zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges bereits in Kraft sind. Es reicht nicht aus, dass die Tarifverträge bereits unterzeichnet wurden.(BAG vom 26.09.2012, 4 AZR 512/10) Hinweise von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto: Die Entscheidung des BAG erscheint keineswegs zwingend. Ob ein Tarifvertrag bereits in Kraft getreten ist oder nicht, ist häufig eine Frage, die von den Tarifvertragsparteien nicht im Hinblick auf Folgen für einen Betriebsübergang vereinbart wird. So hätten die Betriebsparteien den Tarifvertrag Zusatzzahlung bereits im Jahr in Kraft treten lassen und darin die Zahlung der Zusatzleistung ab dem Jahr 2008 vereinbaren können. In diesem Fall hatte die Gewerkschaft ver.di aber Rücksicht auf den Wunsch des Arbeitgebers genommen, keine Rückstellungen bilden zu müssen. Das hatte nun zur Folge, dass die Mitarbeiter zwar die infolge des Sanierungstarifvertrages eintretenden Entgeltminderungen hinnehmen mussten, die Kompensationszahlung aber nicht mehr zu beanspruchen hatten. Es wird damit zu rechnen sein, dass Gewerkschaften solchen Wünschen der Arbeitgeber zukünftig nicht mehr entsprechen werden.
Aktenzeichen:

4 AZR 512/10