BAG: Anspruch des Betriebsrates auf Auszahlung von Sozialplanabfindungen an Arbeitnehmer

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber verlangen, die sich aus einem Sozialplan errechnenden Abfindungen an die begünstigten Mitarbeiter auszuzahlen.

Arbeitgeber und Betriebsrat stritten über die Wirksamkeit eines Sozialplans, der in der Einigungsstelle beschlossen worden war. Der Arbeitgeber hatte den Spruch der Einigungsstelle angefochten und der Betriebsrat verlangte Auszahlung der Abfindungen an die berechtigten Mitarbeiter.

Das Bundesarbeitsgericht wies zunächst die Anfechtung des Einigungsstellenspruches durch den Arbeitgeber zurück (BAG vom 22.01.2013, 1 ABR 85/12). In dem Parallelverfahren wurde dem Arbeitgeber anschließend aufgegeben, die sich aus dem Sozialplan ergebenden Abfindungen an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

Ein solcher Anspruch ergibt sich jedoch nicht aus einer etwaigen Prozessstandschaft. Der Betriebsrat kann nicht Vermögensansprüche der Beschäftigten verfolgen. Der Betriebsrat hat aber Anspruch auf Durchführung eines Sozialplans. Das gilt auch dann, wenn der Sozialplan auf dem Spruch einer Einigungsstelle beruht. Mit seinem Antrag verfolgt der Betriebsrat also keine Durchsetzung von Individualinteressen, sondern seinen eigenen Durchführungsanspruch.(BAG vom 22.01.2013, 1 ABR 92/11)

Hinweise von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto:Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht die Reichweite zur Durchführung des Anspruches des Betriebsrates im Hinblick auf Sozialpläne und Betriebsvereinbarungen. Ein Betriebsrat ist nicht dazu berufen, Individualansprüche von Mitarbeitern zu verfolgen. Mit Abschluss einer Betriebsvereinbarung oder eines Sozialplans werden aber nicht nur Rechte der durch die Vereinbarung begünstigten Mitarbeiter geschaffen. Vielmehr verpflichtet sich der Arbeitgeber auch gegenüber dem Betriebsrat, die sich aus der Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. Der Betriebsrat kann deshalb vom ArbeitgeberDurchführung der Betriebsvereinbarungverlangen. Im Ergebnis verschwimmen damit die Grenzen zwischen der Durchsetzung von Individualansprüchen der Mitarbeiter und dem Durchführungsanspruch des Betriebsrates, da beide Ansprüche auf dieselbe Handlung gerichtet sind. Der Durchführungsanspruch des Betriebsrates ist allerdings unabhängig vom Willen der begünstigten Mitarbeiter. Insbesondere handelt der Betriebsrat nichtim Auftragder begünstigten Arbeitnehmer, sondern aus eigenem Recht.

Aktenzeichen:

1 ABR 92/11

1 ABR 85/12