BAG: Arbeitgeber, der in seiner Stellenanzeige ausdrücklich einen „Berufsanfänger“ sucht, riskiert den Vorwurf einer altersbedingten Diskriminierung berufserfahrener Stellenbewerber

Das BAG sieht in einer Stellenanzeige, die sich ausdrücklich an „Hochschulabsolventen/Young Professionells“ bzw. „Berufsanfänger“ richtet, ein Indiz für die altersdiskriminierende Benachteiligung eines abgelehnten, beruflich erfahrenen Stellenbewerbers.

Im entschiedenen Fall hatte sich ein 36jähriger Bewerber auf eine Stellenausschreibung eines Krankenhausträger, der im Zusammenhang mit einem Traineeprogramm für Nachwuchsführungskräfte ausdrücklich „Hochschulabsolventen/Young Professionelles“ bzw. „Berufungsanfänger“ ansprach, beworben.

Der Bewerber, der bereits über einige Berufserfahrung verfügte, wurde abgelehnt. Er führte diese Ablehnung auf eine Benachteiligung wegen seines Alters zurück und verlangte eine Entschädigung.

Insoweit heißt es in § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auszugsweise:

„(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsgebot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht überschreiten, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.“

Der potentielle Arbeitgeber bestritt eine Diskriminierung und verwies darauf, dass der Bewerber bereits aufgrund seiner Examensnoten nicht in Betracht gekommen wäre, da – so die Behauptung – nur Bewerber mit den Examensnoten sehr gut und gut überhaupt berücksichtigt wurden.

Das BAG konnte den Fall nicht abschließend entscheiden. Es stellte aber klar, dass der Bewerber allein aufgrund der Formulierung der Stellenanzeige ein Indiz für eine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters dargelegt habe. Insoweit sei § 22 AGG einschlägig:

„Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.“

Der Rechtstreit wurde vom BAG an die Vorinstanz zurückverwiesen, damit weiter geprüft werde, ob sich der potentielle Arbeitgeber vom Vorwurf der Benachteiligung entlasten kann. Gelingt dies nicht, so wird aufgrund der Beweiserleichterung des § 22 AGG der abgelehnte Bewerber eine angemessene Entschädigung zu erhalten haben. (BAG vom 24.01.2013 – 8 AZR 429/11)

Hinweise von Rechtsanwalt Michael Kügler:
Die Entscheidung des BAG zeigt deutlich, welche erheblichen Folgen zweifelhafte Formulierungen in Stellenanzeigen haben können.

Arbeitgeber sind gut beraten, Stellenausschreibungen so abzufassen, dass auch nur der Anschein einer Benachteiligung wegen der im AGG genannten Gründe, insbesondere wegen des Alters, vermieden wird.

Denn aufgrund der Beweiserleichterung des § 22 AGG hat es der abgelehnte Stellenbewerber sonst sehr leicht, Indizien für einen Entschädigungsanspruch darzustellen, während es auf Seiten des Arbeitgebers mit erheblichen Aufwand verbunden sein dürfte, Gegenbeweise zu erarbeiten.

Abgelehnte Stellenbewerber, die sich diskriminiert sehen, haben umgekehrt zu berücksichtigen, dass sie ihre Ansprüche innerhalb enger Fristen zunächst außergerichtlich (§ 15 Abs. 4 AGG), dann gerichtlich geltend zu machen haben (§ 61 b ArbGG).

Aktenzeichen:

8 AZR 429/11

8 AZR 429/11