BAG: Ausschluss eines Mitgliedes aus dem Betriebsrat kann nicht auf Verfehlung aus abgelaufener Amtszeit gestützt werden

Im Januar 2014 informierte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrates über Planungen der Gesellschafterin der Arbeitgeberin, die Geschäftsanteile an der Arbeitgeberin zu verkaufen. Dabei wurde auch die Firma G. als Interessentin genannt. Der Geschäftsführer wies auf die absolute Vertraulichkeit dieser Informationen hin.

Der Betriebsratsvorsitzende unterrichtete am 29.01.2014 unter Hinweis auf die Vertraulichkeit der Angelegenheit die übrigen Betriebsratsmitglieder.

Nachdem das Betriebsratsmitglied A. in einer Mitgliederversammlung der Betriebsgruppe der Gewerkschaft ver.di den möglichen Verkauf zur Sprache gebracht hatte, wies der Betriebsratsvorsitzende das Mitglied auf die Vertraulichkeit der Informationen hin.

Dasselbe Betriebsratsmitglied brachte den möglichen Verkauf der Gesellschaftsanteile im Rahmen einer Betriebsversammlung, in der sich die Kandidaten für die kommende Betriebsratswahl vorstellten, erneut zur Sprache, obgleich es vom Betriebsratsvorsitzenden zuvor erneut auf die Verschwiegenheitspflichten hingewiesen wurde.

Mit einem am 25.03.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz beantragte die Arbeitgeberin den Ausschluss des Betriebsratsmitgliedes aus dem Betriebsrat. Am 15. und 16.04.2014 fand die Wahl eines neuen Betriebsrats statt, wobei das Betriebsratsmitglied erneut gewählt wurde.

Die Arbeitgeberin sieht in der Bekanntmachung der Verkaufsabsichten eine grobe Verletzung der Pflichten des Betriebsratsmitgliedes und verlangt deshalb gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG den Ausschluss des Betriebsratsmitgliedes. Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihm stattgegeben.

Das Bundesarbeitsgericht hält die Rechtsbeschwerde des Betriebsratsmitgliedes für begründet. Nach der Bestimmung von § 23 Abs. 1 BetrVG könne der Arbeitgeber zwar den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Solche grobe Verletzung der gesetzlichen Pflichten läge dann vor,

„wenn unter Berücksichtigung aller Umstände die weitere Amtsausübung des Betriebsratsmitgliedes untragbar erscheint“.

Zu berücksichtigen sei allerdings, dass ein Betriebsrat jeweils nur für die Dauer seiner Amtszeit bestehe. Mit dem Ende der Amtszeit gebe es den Betriebsrat, in den das Mitglied gewählt wurde, nicht mehr. So könne nach Ablauf der Amtszeit ein Auflösungsverfahren nicht gegen den neuen Betriebsrat fortgeführt werden, weil der neue Betriebsrat mit dem alten nicht identisch sei. Da die Mitgliedschaft durch das Gesetz eng an das für die jeweilige Dauer der Amtszeit gebildete Betriebsratsgremium geknüpft sei, könne ein Auflösungsantrag gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG nur auf Pflichtverletzungen gestützt werden, die der jeweils amtierende Betriebsrat während der laufenden Amtszeit begangen hat. Gleiches gelte für den Ausschluss eines Betriebsratsmitgliedes aus dem Betriebsrat. Da die dem Betriebsratsmitglied vorgeworfenen Pflichtverletzungen in einer früheren Amtszeit begangen worden seien, könne in der aktuellen Amtszeit auf diese Pflichtverletzungen kein Antrag auf Ausschluss aus dem Betriebsrat gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG gestützt werden.

(BAG vom 27.07.2016 – 7 ABR 14/15)