BAG: Außerordentliche Kündigung wegen einer außerdienstlichen Straftat
Der Antrag im Kündigungsschutzverfahren, das Arbeitsverhältnis ende nicht aufgrund einer außerordentlichen Kündigung, umfasst regelmäßig auch das Begehren, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis ebenfalls nicht aufgrund einer Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung ende.
Regelmäßig wird vor den deutschen Arbeitsgerichten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Wirksamkeit von ausgesprochenen Kündigungen gestritten. Im Juni 2019 hatte sich ebenfalls das Bundesarbeitsgericht mit der Wirksamkeit einer durch den Arbeitgeber ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu befassen. So hatte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 06.03.2017 außerordentlich fristlos gekündigt, weil sich der Arbeitnehmer im öffentlich einsehbaren Teil eines sozialen Netzwerks abfällig über Mitmenschen einer anderen Glaubensrichtung geäußert hatte. Gegen diese Kündigung legte der gekündigte Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage ein und – soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse – beantragte,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 06. März 2017, zugegangen am 07. März 2017, aufgelöst worden ist.
Neben der materiellen Wirksamkeit der Kündigung hatte sich das Bundesarbeitsgericht unter anderem mit der Frage zu befassen, ob der Kläger in formeller Hinsicht mit seinem Antrag neben der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung auch die Unwirksamkeit einer ggf. darin zu sehenden ordentlichen Kündigung geltend gemacht hat.
Zu dieser Frage erklärten sich die BAG-Richter wie folgt:
Zwar sei der Antrag des Klägers ausdrücklich und ausschließlich bezogen auf die erklärte außerordentliche Kündigung formuliert. Ein gegen eine außerordentliche Kündigung gerichteter Kündigungsschutzantrag gem. § 4 Satz 1 KSchG umfasse aber regelmäßig automatisch auch das Begehren, festzustellen, das Arbeitsverhältnis ende nicht aufgrund einer ggf. vorzunehmenden Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche. Dafür, dass sich ein Arbeitnehmer, der gegen eine außerordentliche Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt, nicht auch gegen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses infolge einer solchen Umdeutung wenden möchte, bedürfe es besonderer Anhaltspunkte.
Wenngleich der Wortlaut des klägerischen Antrags sich allein auf die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung bezogen hatte, sieht das Bundesarbeitsgericht darin ebenfalls die Geltendmachung einer ggf. darin zu sehenden ordentlichen Kündigung.
Selbst wenn sich die außerordentlichen Kündigung des beklagten Arbeitgebers vom 06.03.2019 in eine ordentliche Kündigung umdeuten ließe, so wäre der Antrag des Klägers insofern ausreichend gewesen, um sowohl die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen, als auch die Feststellung der Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung zu begehren.
Hinweise von Rechtsanwalt Adrian Kalb:
„Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung (…) rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.“
Die vorbenannte Bestimmung des § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verdeutlicht, dass es für Arbeitnehmer erforderlich ist, die Unwirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung innerhalb der Drei-Wochen-Frist nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht geltend zu machen. Die Einhaltung der Frist ist dabei grundsätzliche Voraussetzung dafür, dass das Arbeitsgericht sich in der Sache überhaupt mit der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Kündigung befasst. In diesem Zusammenhang verdeutlicht die vorbezeichnete Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, dass es bereits bei Erhebung einer Kündigungsschutzklage auf die korrekte Antragsfassung ankommt. Zwar ist eine entsprechende Auslegung der Anträge durch das Gericht grundsätzlich möglich, sollte jedoch aufgrund der damit verbundenen Unsicherheiten nicht unnötig forciert werden. Bereits bei Erhebung der Klage innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG sollten die Anträge daher so genau wie möglich formuliert werden.
Dies gilt insbesondere, sofern der Kläger im Kündigungsschutzverfahren davon absieht, sich durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen, und somit eine entsprechende Überprüfung der korrekten Antragstellung nicht durch einen Rechtsanwalt gesichert wird.
Gericht:
BAG
Datum der Entscheidung:
27.06.2019
Aktenzeichen:
2 AZR 28/19