BAG: Benachteiligung geringfügig Beschäftigter durch Tarifvertrag
Soweit ein Tarifvertrag vorsieht, dass Zeiten geringfügiger Beschäftigung auf die Beschäftigungszeit i.S.d. BAT nicht anzurechnen sind verstößt dieses gegen § 4 Abs. 1 TzBfG und ist unwirksam.
Die klagende Arbeitnehmerin wehrte sich gegen eine ordentliche Kündigung durch die Beklagte und ist der Auffassung, dass die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, weil auf das Arbeitsverhältnis der BAT anwendbar ist und sie die Voraussetzungen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung, also die Vollendung des 40. Lebensjahres und eine Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren bereits erreicht habe. Die Beklagte verwies darauf dass die Klägerin von 1989 bis 1995 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig gewesen sei. Nach der Bestimmung von § 4 Abs. 1 des 77. Änderungstarifvertrages zum BAT seien Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung vor dem 01.01.2002 jedoch nicht auf die Beschäftigungszeit anzurechnen gewesen. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten die Kündigungsschutzklage deshalb abgewiesen.
Das Bundesarbeitsgericht gab der Revision der Klägerin jedoch statt weil die Bestimmung, nach der Zeiten geringfügiger Beschäftigung vor dem 01.01.2002 nicht auf die Beschäftigungszeit i.S.d. BAT anzurechnen seien, rechtswidrig und damit unwirksam sei. Diese Bestimmung benachteilige Teilzeitbeschäftigte, ohne dass dafür ein sachlicher Grund gegeben sei. Damit verstoße diese Bestimmung gegen § 4 Abs. 1 TzBfG und sei deshalb nicht anzuwenden. Deshalb zähle auch die Zeit einer geringfügigen Beschäftigung zur Beschäftigungszeit i.S.d. BAT. (BAG vom 25.04.2007 6 AZR 746/06)
Anmerkung von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto: Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes ist gerade im öffentlichen Dienst von besonderer Bedeutung, da der öffentliche Arbeitgeber die Zeit der Betriebszugehörigkeit auch dann vollständig der Beschäftigungszeit zuzurechnen hat, wenn Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung vorliegen. Gleichzeitig wird durch diese Entscheidung auch klargestellt, dass den Tarifvertragsparteien die Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter in gleicher Weise wie einem einzelnen Arbeitgeber untersagt ist.