BAG: Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei Kündigung

Streitgegenständlich war die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung einer schwerbehinderten gleichgestellten Mitarbeiterin. In erster und zweiter Instanz war die Kündigung bereits deshalb für unwirksam erklärt worden, weil der Arbeitgeber die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Integrationsamt (das der Kündigung zugestimmt hatte) und nach Anhörung des Betriebsrats durchgeführt hatte.

 

Das BAG weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen, die ein Arbeitgeber ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, gem. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX alt (seit dem 1. Januar 2018: § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX) unwirksam ist.  Es stellt dabei gleichzeitig klar, dass für den erforderlichen Inhalt der Anhörung und die Dauer der Frist für eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung die für die Anhörung des Betriebsrats geltenden Grundsätzen (§ 102 BetrVG) Anwendung finden.  Die Kündigung sei aber nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX aF (seit dem 1. Januar 2018: § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) nicht unverzüglich über seine Kündigungsabsicht unterrichtet oder ihr das Festhalten an seinem Kündigungsentschluss nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

Hinweis von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Zur alten Fassung des § 95 Abs.2 S.2 SGB IX war bereits anerkannt, dass eine verspätete Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nachgeholt werden kann. Mit seiner aktuellen Entscheidung stellt das BAG nunmehr klar, dass die Nachholungsmöglichkeit auch in der gesetzlichen Neuregelung bestehen bleibt, weil sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Nachholungsmöglichkeit einerseits und die Unwirksamkeitsfolge andererseits nicht ausschließen. Da die Kündigungsentscheidung erst durch den Kündigungsausspruch „vollzogen“ wird, muss die Anhörung zur Abwendung der Unwirksamkeit der Kündigung daher nicht schon erfolgen, bevor der Arbeitgeber den Betriebs- oder Personalrat beteiligt oder das Integrationsamt um Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung ersucht.

 

Gericht:

Bundesarbeitsgericht

 

Datum der Entscheidung:

13.12.2018

 

Aktenzeichen:

2 AZR 378/18