BAG: Betriebsrat muss nicht über Befristungsgrund unterrichtet werden
Nach Auffassung des BAG umfasst die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers bei Neueinstellungen gemäß §§ 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG nicht die Gründe für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages.
Der Betriebsrat eines in der Rechtsform einer Stiftung geführten Forschungszentrums mit ca. 200 Arbeitnehmern wurde in der Vergangenheit bei befristeten Einstellungen auch über die Befristungsgründe informiert. Im Jahr 2006 stellte die Arbeitgeberin diese Praxis ein.
In dem Beschlussverfahren machte der Betriebsrat geltend, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihm vor jeder nicht dauerhaften Einstellung eines Arbeitnehmers die Gründe für die Befristung des Arbeitsverhältnisses mitzuteilen. Er sei ohne Mitteilung des Befristungsgrundes nicht in der Lage zu beurteilen, ob die Einstellung Nachteile für bereits im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer mit sich bringe. Außerdem entspreche dies dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Beschwerde des Betriebsrates ebenfalls zurückgewiesen. Das BAG wies nun auch die Rechtsbeschwerde des Betriebsrates zurück.
Nach Ansicht des BAG besteht ein Anspruch nicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Einstellungen sei kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle. Die Zustimmung des Betriebsrates zu Einstellungen kann daher nur verweigert werden, wenn die Einstellung als solche untersagt ist, nicht wenn eine vereinbarte Befristung unwirksam sei. Aus diesen Gründen reiche auch sein Informationsrecht nicht so weit. Die Tatsache, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz bei unwirksamen Befristungen die Rechtsfolge enthalte, dass das Arbeitsverhältnis als unbefristet geschlossen wird, steht dem nicht entgegen. Wird eine unwirksame Befristung geschlossen, so gilt die vom Arbeitnehmer rechtzeitig nach § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemachte Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages und eine sich daraus ergebende Verpflichtung des Arbeitgebers zur unbefristeten Einstellung als Neueinstellung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Das heißt, der Betriebsrat ist in diesen Fällen erneut zu beteiligen.
Das Informationsrecht des Betriebsrates kann auch nicht auf den allgemeinen Auskunftsanspruch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. BetrVG gestützt werden.
Auch ein Anspruch aus § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG scheidet aus, da diese Vorschrift im Gegensatz zu § 99 BetrVG nur die allgemeine Personalplanung umfasst und nicht die konkreten personellen Einzelmaßnahmen.
Auch ein Anspruch aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG scheidet aus, da die Arbeitgeberin den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht verletzt hat, wenn sie dem Betriebsrat keine über den Umfang gesetzlicher Unterrichtungsansprüche hinausgehenden Auskünfte erteilt. Die Tatsache, dass sie in der Vergangenheit über die gesetzlichen Ansprüche hinaus Informationen an den Betriebsrat gegeben hat, steht dem ebenfalls nicht entgegen.
(BAG, Beschluss vom 27.10.2010, Az. 7 ABR 86/09)
Anmerkung: Das BAG hat in dieser Entscheidung erneut aufgezeigt, dass das Informationsrecht im Zusammenhang mit Mitbestimmungsrechten da endet, wo auch die Mitbestimmung des Betriebsrates endet.
Auch die jahrelange Praxis des Arbeitgebers begründete hier keinen Anspruch des Betriebsrates auf Gewährung der Informationsrechte. Eine möglicherweise bestehende stillschweigende Betriebsvereinbarung über die Gewährung von Informationen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat scheitert in jedem Fall am Schriftformerfordernis für Betriebsvereinbarungen gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Die Zulassung eines solchen Rechtsinstitutes wäre vermutlich auch nicht zielführend, da viele Arbeitgeber ihre Betriebsräte über die gesetzlich erforderlichen Informationen hinaus informieren. Würde ein Arbeitgeber dadurch die Gefahr laufen, in der Zukunft weiterhin verpflichtet zu sein, diese Informationen zu gewähren, wäre das Informationsverhalten vieler Arbeitgeber wesentlich restriktiver. Gerade zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und zur gemeinsamen Förderung des Betriebszweckes kann es aber sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Betriebsrat vorteilhaft sein, wenn Informationen über das gesetzlich notwendige Maß hinaus an den Betriebsrat gelangen.
7 ABR 86/09
7 ABR 86/09
7 ABR 86/09
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