BAG: Beweislast bei korrigierender Rückgruppierung
Streitgegenständlich war die Klage einer Mitarbeiterin im gemeindlichen Vollzugsdienst. In der zuletzt abgeschlossenen arbeitsvertraglichen Regelung hieß es, dass die Eingruppierung nach Entgeltgruppe 08 TVöD erfolgt. Im August 2016 überprüfte die Beklagte im Rahmen der Ausschreibung einer gleichartigen Stelle die Eingruppierung und kam zu dem Ergebnis, für die Tätigkeit sei nicht eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1b, sondern nach Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1a des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT-O) zutreffend. Daraufhin wurde die auf der Stellenbeschreibung vermerkte Bewertung unter dem Datum des 8. Dezember 2016 in „VG Vc/1a“ handschriftlich geändert. Mit Schreiben vom 22.05.2017 beantragte die Klägerin eine Höhergruppierung ab dem 01.01.2017 und einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe E9a.
Festzustellen war, dass die Beklagte verpflichtet sei, sie ab dem 01.01.2017 bis zum 28.02.2019 nach der Entgeltgruppe 9a der Entgeltordnung (VKA) zum TVöD-VKA zu vergüten. Ab diesem Zeitpunkt bestand unstreitig ein Anspruch auf Eingruppierung nach dieser Entgeltgruppe.
Das Arbeitsgericht hatte der Klage insoweit stattgegeben und das Landesarbeitsgericht die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auch das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestätigt.
Demnach sei die Klage als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig. Die Klägerin habe rechtzeitig einen Antrag auf zutreffende Eingruppierung gestellt und sie könne auch für den streitgegenständlichen Zeitraum eine entsprechende Vergütung beanspruchen. Die Beklagte selbst sei bei Übertragung der Tätigkeit im Jahr 2015 davon ausgegangen, bei dieser fielen zeitlich zu mindestens der Hälfte Arbeitsvorgänge an, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbstständige Leistungen erfordern. Deshalb seien die tariflichen Anforderungen der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1b BAT-O erfüllt. Da diese mit denen der Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA übereinstimmen, sei die Klägerin auf ihren Antrag hin ab 1. Januar 2017 dort eingruppiert. Im Hinblick auf die Beweislast sei das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass nach den Grundsätzen über eine sog. korrigierende Rückgruppierung die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, die tariflichen Anforderungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA lägen nicht vor. Dem sei sie aber mit ihrem Vortrag nicht hinreichend nachgekommen.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Eingruppierungsstreitigkeiten nehmen in der Arbeitsgerichtsbarkeit einen großen Raum ein und werden häufig nach Beweislastgrundsätzen entschieden. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Person, die sich auf eine höhere Eingruppierung beruft, grundsätzlich auch die volle Beweislast dafür trägt. Hier profitierte die Klägerin davon, dass das Gericht die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung anwendet. Wenn also die Arbeitgeberin in der Vergangenheit selbst eine höhere Eingruppierung angenommen hat, trägt sie die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für diese Eingruppierung nicht vorliegen.
Gericht:
BAG
Aktenzeichen:
4 AZR 463/21
Datum der Entscheidung:
27.04.2022