BAG: Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abfindung aus einem im Kündigungsschutzverfahren geschlossenen Abfindungsvergleich kann dem Insolvenzbeschlag unterliegen
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit einem Fall zu befassen, in dem sich der Arbeitnehmer bereits geraume Zeit in einem Verbraucherinsolvenzverfahren (Privatinsolvenz) befand und sich nach Erhalt einer arbeitgeberseitigen Kündigung in einem anschließenden Kündigungsrechtsstreit für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung entschied (Abfindungsvergleich). An diesem Kündigungsschutzverfahren war im Übrigen der sog. Treuhänder – dieser tritt im Verbraucherinsolvenzverfahren anstelle des Insolvenzverfahrens – nicht beteiligt.
Nach Abschluss des Vergleichs zahlte die (vormalige) Arbeitgeberin den Vergleichsbetrag – immerhin brutto € 7.000,00 – an den Arbeitnehmer aus. Die Auszahlung erfolgte hierbei auf das Konto der Ehefrau des Arbeitnehmers und Insolvenzschuldners.
Einige Monate danach trat der Treuhänder in Erscheinung und verlangte – verkürzt dargestellt – vom Arbeitgeber den Abfindungsbetrag, da aufgrund des Verbraucherinsolvenzverfahrens die Forderungsberechtigung für den Abfindungsanspruch nicht beim Arbeitnehmer, sondern beim Treuhänder läge.
Die Arbeitgeberin versuchte nun, eine nochmalige Zahlung des Abfindungsbetrages zu verhindern. Zu Unrecht, wie das BAG entschied.
Vielmehr wies das höchste deutsche Arbeitsgericht darauf hin, dass im vorliegenden Falle, d.h. während des noch laufenden Verbraucherinsolvenzverfahrens, zwar der Arbeitnehmer im Rahmen eines Vergleiches auch ohne den Treuhänder über sein Arbeitsverhältnis disponieren könne, gleichwohl eine daraus resultierender Abfindungsanspruch als sog. Neuerwerb i.S.d. § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO in die Insolvenzmasse falle (BAG, Beschl. v. 12.08.2014, Az. 10 AZB 8/14).
Hinweise von Rechtsanwalt Michael Kügler:
Die vorliegende Entscheidung führt in die Tiefen (Verbraucher-)Insolvenzrecht. Hier bestehen zahlreiche Besonderheiten, die sich auch nach dem jeweils wechselnden Verfahrensstand richten.
Diese Besonderheiten erschließen sich dem insolvenzrechtlich weniger erfahrenen Personenkreis nicht auf den ersten Blick. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass bei durchschnittlich ca. 7.000,00 Verbraucherinsolvenzverfahren monatlich durchaus eine gewisse Praxisrelevanz besteht.
Der Arbeitgeber im vorliegenden Falle wird – im praktischen Ergebnis – daher die Abfindung „doppelt“ bezahlen.
10 AZB 8/14
10 AZB 8/14