BAG: Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz kann unternehmensweit gelten
Der arbeitsgerichtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet unternehmensweit Anwendung, wenn sich die Entscheidung des Arbeitgebers bezüglich einer Lohnerhöhung auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht und nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt ist. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Betrieben ist zulässig, jedoch nur, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt.
Die Arbeitgeberin ist ein bundesweites Logistikunternehmen mit 72 Betrieben. Zum 1. September 2005 erhöhte sie freiwillig die Gehälter in fast allen Betrieben, lediglich die Arbeitnehmer des Betriebs in der Stadt G wurden ausgenommen. Hierbei handelte es sich um den wirtschaftlich schlechtesten Betrieb in einem Bundesland, bundesweit gab es jedoch noch einen wirtschaftlich schwächeren. In dem Betrieb in G bestand im Gegensatz zu allen anderen Betrieben noch die Besonderheit, dass Überstunden nicht von der Arbeitgeberin einseitig angeordnet werden konnten. Ein in G beschäftigter Paketzusteller klagte gegen die Ausnahme von der Lohnerhöhung.
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass bei einer bundesweiten freiwilligen Gehaltserhöhung der Gleichbehandlungsgrundsatz auch unternehmensweit, hier also bundesweit, zu beachten ist.
Gleichwohl sei es dem Arbeitgeber unbenommen, zwischen den Betrieben und deren wirtschaftlicher Leistung oder dem bereits bestehenden Lohnniveau zu differenzieren. Es sei grundsätzlich ein legitimer Zweck, eine Konkurrenz unter den Betrieben zu fördern und Leistungsanreize zu setzen. Hierbei darf der Arbeitgeber eine an vernünftigen Gesichtspunkten orientierte Entscheidung treffen, er darf dies jedoch nicht willkürlich tun.
Eine Beschränkung des Vergleichs auf ein Bundesland bei einer bundesweiten Gehaltserhöhung sei aber nicht zulässig und verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Tatsache, dass in dem Betrieb in G keine Mehrarbeit ohne Einverständnis der Arbeitnehmer angeordnet werden kann, stelle ebenfalls keinen sachgerechten Differenzierungsgrund dar. (BAG vom 03.12.2008 – 5 AZR 74/08)
Hinweis: Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gilt nach wie vor im Arbeitsrecht nicht. Auch diese Entscheidung des BAG macht deutlich, dass der Arbeitgeber bei der innerbetrieblichen Lohngestaltung einen weiten Spielraum hat, eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer im Bezug auf die Gehaltshöhe jedoch eines sachlichen Grundes bedarf.
5 AZR 74/08
5 AZR 74/08
5 AZR 74/08
5 AZR 74/08
5 AZR 74/08
5 AZR 74/08
5 AZR 74/08
5 AZR 74/08