BAG: Fehlende Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für Sozialplan
Bei einer mehrere Betriebe betreffenden Betriebsänderung soll der Gesamtbetriebsrat nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) regelmäßig auch dann nicht für den Abschluss eines Sozialplanes zuständig sein, wenn er für den Abschluss des Interessenausgleiches zuständig ist. Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn ein überbetriebliche Sa-nierungskonzept vorliegt, welches nur auf der Grundlage eines bestimmten, auf das gesamte Unternehmen bezogene Sozialplanvolumens realisiert werden kann.
Die Arbeitgeberin hatte beschlossen, mehrere Betriebe in Deutschland zusammenzulegen und dazu mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan vereinbart. Einzelne Betriebsräte hielten die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für den Abschluss des Sozialplans jedoch nicht für gegeben und wollten mit Hilfe einer Einigungsstelle eigene Sozialpläne vereinbaren. Die Arbeitgeberin beantragte deshalb vor dem zuständigen Arbeitsgericht, die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates hinsichtlich des Abschlusses des Sozialplans auch für die Betriebsräte, die damit nicht einverstanden waren, festzustellen. Das Arbeitsgericht wies den Antrag zurück und das Landesarbeitsgericht gab der Berufung der Arbeitgeberin statt. Das BAG hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes jedoch aufgehoben.
Grundlage der Entscheidung ist die Bestimmung von § 50 BetrVG. Diese hat folgenden Wortlaut:
§ 50 Zuständigkeit. (1) ¹Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. ²Er ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet.
(2) ¹Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbet-riebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln ²Der Betriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. ³§ 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
Da die Betriebsräte den Gesamtbetriebsrat nicht gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG beauftragt hatten, konnte sich die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates nur aus der Bestimmung von § 50 Abs. 1 BetrVG ergeben. Danach ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für Angelegenheiten, die mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können.
Hinsichtlich des Abschlusses eines Interessenausgleiches geht das Bundesarbeitsgericht regelmäßig von der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates aus, wenn eine Betriebsänderung betriebsübergreifend geplant ist, wenn also beispielsweise Verlagerungen von einem Standort zum anderen stattfinden sollen. Die Arbeitgeberin vertrat nun die Auffassung, dass sich aus der Zuständigkeit für den Abschluss des Interessenausgleiches gleichzeitig auch die Zuständigkeit für den Abschluss des Sozialplans ergäbe. Das wurde vom BAG jedoch zurückgewiesen.
Zwar knüpfen sowohl Interessenausgleich als auch Sozialplan an das Vorliegen einer Be-triebsänderung an, sie seien jedoch sowohl in ihrer Rechtsqualität als auch in ihrer Erzwingbarkeit unterschiedlich, so dass aus der Zuständigkeit für den Abschluss des Inte-ressenausgleiches nicht automatisch auch die Zuständigkeit für den Abschluss des Sozial-plans folgen müsse. Vielmehr müsse auch bei einem Sozialplan gefragt werden, ob die Be-triebsräte in der Lage seien, einen solchen eigenständig abzuschließen. Diese Frage wird vom BAG regelmäßig positiv beantwortet. Dem stehe auch nicht entgegen, dass bei einer solchen Betriebsänderung das zur Verfügung stehende Geld gleichmäßig verteilt werden müsse. Anders als bei freiwilligen sozialen Leistungen, gebe es bei Sozialplänen regelmäßig keinen für die Gesamtmaßnahme zur Verfügung stehenden „Topf“.
Eine Ausnahme sei allerdings dann denkbar, wenn „ein überbetriebliches Sanierungskonzept vorgelegen hätte, das nur auf der Grundlage eines bestimmten, auf das gesamte Unterneh-men bezogenen Sozialplanvolumens hätte realisiert werden können“. In solchen Fällen sei das erforderliche „sachlich zwingende Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung“ zu bejahen. Im zu entscheidenden Fall konnte davon jedoch nicht ausgegangen werden. (BAG vom 03.05.2006 – 1 ABR 15/05)
1 ABR 15/05