BAG: Gleichbehandlung bei Betriebsübergang und betrieblicher Altersversorgung


Die Arbeitgeberin gehörte bis zum 31.12.2002 zu einem Konzern. Dort war eine Konzernbetriebsvereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung abgeschlossen worden, von der auch die Arbeitgeberin erfasst wurde. Die Konzernbetriebsvereinbarung wurde bei der Arbeitgeberin darüber hinaus im Oktober 2002 als Gesamtbetriebsvereinbarung vereinbart. In der Vereinbarung war auch geregelt, dass

Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse durch einzelvertragliche Übernahme oder Gesamtrechtsnachfolge auf die Gesellschaft übergehen,

keine Leistungen nach der Vereinbarung beanspruchen können sollten.
Im Jahr 2002 übernahm die Arbeitgeberin eine Vielzahl von Beschäftigten im Wege des Betriebsübergangs gem. § 613a BGB von anderen Gesellschaften.
Nach dem mit Wirkung zum 01.01.2003 durch Veräußerung der Geschäftsanteile erfolgten Ausscheiden aus dem Konzern weigerte sich die Arbeitgeberin, die Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung auf die im Wege des Betriebsübergang im Jahr 2002 zu ihr gewechselten Mitarbeiter anzuwenden.
Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat der Arbeitgeberin Recht gegeben. Bereits nach dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung komme diese nur auf neu eingestellte Mitarbeiter zur Anwendung. Das verstoße auch nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zwar treffe die Arbeitgeberin mit Unterscheidung von neu eingestellten und solchen Mitarbeitern, die im Wege des Betriebsübergangs zu ihr wechselten. Das sei jedoch rechtmäßig, weil es durch die besondere Situation nach einem Betriebsübergang gerechtfertigt sei. Bei einem Betriebsübergang sei nicht immer absehbar, welche Arbeitsbedingungen bei den hinzukommenden Mitarbeitern gelten. Deshalb sei eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt. BAG v. 19.01.2010 3 ABR 19/08

Hinweis von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rolf-Christian Otto: Die Entscheidung des BAG wirkt zwar zunächst befremdlich, eröffnet den Betriebsparteien aber einen weiten Gestaltungsraum für flexible Lösungsmodelle. Wenn die betriebliche Altersversorgung bei dem früheren Arbeitgeber durch eine Betriebsvereinbarung geregelt wird, würden diese alten Regelungen gem. § 613a Abs. 1 S. 2 und 3 BGB unmittelbar durch die bei dem Erwerber geltenden Regelungen abgelöst, wenn die betriebliche Altersversorgung dort durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag geregelt und der übernehmende Mitarbeiter davon erfasst wird. Das gilt im Rahmen der Unverfallbarkeitsbestimmungen auch dann, wenn die Regelungen beim Erwerber für den Mitarbeiter deutlich schlechter wären. Deshalb vereinbaren die Betriebsparteien in solchen Fällen häufig, dass die Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung für die im Wege des Betriebsübergangs hinzukommen Mitarbeiter nicht zur Anwendung kommen sollen, um so den Besitzstand zu sichern und zu einem späteren Zeitpunkt die betrieblichen Regelungen zu harmonisieren. Die Entscheidung des BAG verdeutlicht, dass eine solchermaßen flexible Vorgehensweise zulässig ist.

Aktenzeichen:

3 ABR 19/08