BAG: Heimarbeitsverhältnis keine schädliche Vorbeschäftigung iSv § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG
Ein Heimarbeitsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Daher steht ein früheres Heimarbeitsverhältnis einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht entgegen.
Die Klägerin etikettierte von der Beklagten aus Asien importierte Ware für den europäischen Markt um. Zwischen den Parteien wurde im September 2007 ein Heimarbeitsverhältnis begründet, welches mehrfach bis einschließlich zum 31. Dezember 2012 verlängert wurde. Ab dem 1. Januar 2013 wurde die Klägerin befristet bis zum 31. Dezember 2013 bei der Beklagten eingestellt. Die Klägerin war der Auffassung, dass aufgrund der praktischen Handhabung des Vertragsverhältnisses bereits vor dem 1. Januar 2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, zumindest sei eine sachgrundlose Befristung aufgrund des vorausgegangenen Heimarbeitsverhältnisses unzulässig.
Das Bundesarbeitsgericht verneinte für die Zeit vor dem 1. Januar 2013 das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses und stellte fest, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis lediglich um ein Heimarbeitsverhältnis gehandelt habe. Das Bundesarbeitsgericht betonte, dass ein Arbeitsverhältnis und ein Heimarbeitsverhältnis sich maßgeblich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit unterschieden. Da die Klägerin vorliegend die Tätigkeit weitgehend frei von Weisungen, insbesondere hinsichtlich der Zeit und der Dauer der Tätigkeit gestalten konnte, handele es sich um ein Heimarbeitsverhältnis. Dem stünden in der vorliegenden Gesamtabwägung die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung, zur Abstimmung von Urlaubsterminen und zur werktäglichen telefonischen Erreichbarkeit, die Zahlung eines zusätzlichen leistungsunabhängigen Fixums, die Pflicht zur Anzeige von Arbeitsunfähigkeit und Ausgestaltungen der arbeitsrechtlichen Schutzregelungen für Heimarbeiter nicht entgegen.
Das Bundesarbeitsgericht stellte zudem fest, dass ein Heimarbeitsverhältnis kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei. Dies ergebe sich daraus, dass Heimarbeiter nach nationalem Recht mangels der erforderlichen persönlichen Abhängigkeit keine Arbeitnehmer seien. Auch sprächen systematische Erwägungen gegen die Anwendbarkeit auf Heimarbeitsverhältnisse. Soweit der Gesetzgeber Heimarbeiter mit Arbeitnehmern gleichstellen wollte, habe er dies durch Verweisungen und Fiktionen getan. Das vorangegangene Heimarbeitsverhältnis stehe einer sachgrundlosen Befristung daher nicht entgegen.
Hinweise von Rechtsanwältin Dr. Astrid Siebert:
Dass sich das Bundesarbeitsgericht erneut mit Fragen zum Heimarbeitsverhältnis auseinandersetzen musste, zeigt, dass alternative Beschäftigungsformen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Zwar ist es im Ergebnis konsequent, dass ein Heimarbeitsverhältnis nach den aktuellen gesetzlichen Regelungen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist, allerdings vermag dies inhaltlich nicht zu überzeugen. Eine weitere „Erprobungsphase“ in Form einer sachgrundlosen Befristung im Anschluss an ein Heimarbeitsverhältnis zu ermöglichen, erscheint nicht gerechtfertigt zu sein. Bestand bereits zuvor eine – möglicherweise langjährige – Vertragsbeziehung ist nicht ersichtlich, warum eine erneute „Erprobungsphase“ in Form eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses ermöglicht werden sollte. Vor diesem Hintergrund sollte eine gesetzliche Neuregelung vom Gesetzgeber in Betracht gezogen und der Bereich der Heimarbeitsverhältnisse sowie etwaig anstehende Änderungen in der Praxis im Blick behalten werden.
Gericht:
BAG
Datum:
24.08.2016
Aktenzeichen:
7 AZR 625/15