BAG: Kein Anspruch auf sogenannte „Schlussformel“ im Arbeitszeugnis
Die Parteien des Rechtsstreits hatten sich in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich unter anderem auf die Erteilung eines qualifizierten, wohlwollenden Arbeitszeugnisses verständigt. Die Beklagte übermittelte dem Kläger in der Folge ein Arbeitszeugnis, das zusammenfassend mit der Bewertung „zu unserer vollen Zufriedenheit“ endete. Eine sogenannte Schlussformel, mit der der Arbeitgeber dem ausscheidenden Arbeitnehmer für seine Dienste dankt, sein Weggehen bedauert und ihm für seine Zukunft alles Gute wünscht, beinhaltete das Zeugnis nicht.
Daraufhin hatte der Kläger beantragt, den Arbeitgeber zu verurteilen, ihm Zug-um-Zug gegen Rückgabe des ihm bereits erteilten Arbeitszeugnisses ein neues, um einen Schlusssatz mit folgendem Text ergänztes Arbeitszeugnis zu erteilen:
„Wir danken Herrn J für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für die weitere berufliche und private Zukunft weiterhin alles Gute und viel Erfolg.“
In erster Instanz war der Kläger unterlegen, das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte dann das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Dagegen wendete sich die Arbeitgeberin mit ihrer Revision und beantragte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils erster Instanz. Das Bundesarbeitsgericht gab der Beklagten nunmehr Recht und entschied, dass ein Anspruch auf eine Schlussformel nicht besteht.
Das Bundesarbeitsgericht erkennt zwar an, dass positive Schlusssätze geeignet sein können, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen. Andererseits trage eine solche Schlussformel aber nicht zur Realisierung des eigentlichen Zeugniszwecks bei. Würde man dies anders sehen, wäre der Arbeitgeber verpflichtet, innere Gedanken über und Gefühle für den aus dem Arbeitsfeld des ausscheidenden Arbeitnehmers zu äußern. Hierdurch aber würde nach Einschätzung des Bundesarbeitsgerichts seine durch Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG geschützte negative Meinungsfreiheit beeinträchtigt.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Das Bundesarbeitsgericht schränkt die Möglichkeiten zur Durchsetzung positiver Zeugnisformulierungen mit dieser Entscheidung deutlich ein und begründet dies mit dem grundgesetzlichen Schutz der negativen Meinungsäußerungsfreiheit. In der Praxis sind Schlussformeln längst zu einer eigenen Kategorie in der Bewertung von Zeugnissen geworden, gerade weil hierauf nach der Rechtsprechung kein Anspruch besteht. Mitarbeitende, die ein gutes oder sehr gutes Zeugnis erhalten, in dem sich aber keine Schlussformel findet, werden daher auch weiterhin am Arbeitsmarkt mit dem Problem umzugehen haben, dass ein zukünftiger Arbeitgeber den Wahrheitsgehalt der Bewertung aufgrund der fehlenden Beschlussformel kritisch betrachtet.
Gericht:
BAG
Aktenzeichen:
9 AZR 146/21
Datum der Entscheidung:
25.01.2022