BAG: Kein Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a BGB auf Personalgesellschaft bei Aufspaltung des Betriebs in Betriebsführungs- und Personalgesellschaft

Wird ein Betrieb in der Weise aufgespalten, dass die Mitarbeiter zu einer Personalführungsgesellschaft und die Maschinen und Produktionsanlagen auf eine Betriebsführungsgesellschaft übertragen werden, gehen die Arbeitsverhältnisse nicht gemäß § 613a BGB auf die Personalführungsgesellschaft über. Das gilt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) jedenfalls für betriebsmittelgeprägte Produktionsbetriebe.

Die frühere Arbeitgeberin des klagenden Arbeitnehmers fiel in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter gab das von der Insolvenzschuldnerin genutzte Betriebsgelände einschließlich der in den Gebäuden befindlichen Betriebs- und Geschäftsausstattung an die Eigentümerin heraus. Diese räumte noch am selben Tag zwei Tochtergesellschaften die Räumlichkeiten und Maschinen. Mit 37 der circa 42 ehemaligen Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin schloss eine weitere Gesellschaft, die Beklagte, Arbeitsverträge ab. Die beiden Tochtergesellschaften der Eigentümerin von Gebäuden und Maschinen nahmen ohne zeitliche Unterbrechung die Produktion auf und setzten dazu ausschließlich Arbeitnehmer der Beklagten ein. Diese Arbeitnehmer erledigten dort die gleichen Tätigkeiten wie vormals bei der Insolvenzschuldnerin.

Der Kläger, mit dem die Beklagte kein Arbeitsverhältnis abgeschlossen hatte, war der Auffassung, dass sein Arbeitsverhältnis von der Insolvenzschuldnerin auf ihn gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangen sei. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen und das Bundesarbeitsgericht die dagegen gerichtete Revision zurückgewiesen.

Das Bundesarbeitsgericht wies in seiner Entscheidung zunächst auf den Unterschied zwischen betriebsmittelarmen und dienstleistungsorientierten Branchen und Arbeitszwecken einerseits und betriebsmittelgeprägten Produktionsbetrieben andererseits hin. Während bei betriebsmittelarmen und dienstleistungsorientierten Branchen und Arbeitszwecken die zum Vorliegen eines Betriebsüberganges erforderliche „Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit“ bereits dann angenommen werden könne, wenn der neue Betriebsinhaber die Tätigkeit weiterführe und einen nach Zahl- und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernehme, gelte dieses für betriebsmittelgeprägte Betriebe nicht. Bei solchen betriebsmittelgeprägten Produktionsbetrieben könne der Betriebszweck ohne die sächlichen Betriebsmittel (Maschinen, Produktionsanlagen, Werkzeuge und Räumlichkeiten) nicht erreicht werden. Für das Vorliegen eines Betriebsüberganges reiche in solchen Fällen die Fortsetzung der Aufgabe des früheren Betriebes und die Übernahme der Hauptbelegschaft nicht aus.

Bei dem Betrieb der Insolvenzschuldnerin habe es sich um einen betriebsmittelgeprägten Produktionsbetrieb gehandelt, in dem der Betriebszweck ohne die sächlichen Betriebsmittel nicht erreicht werden konnte. Deshalb liege in diesem Fall ein Betriebsübergang auf die Beklagte nicht vor.

Auch der Schutzzweck der Richtlinie 2001/23/EG gebiete kein anderes Ergebnis. Anderenfalls könnte ein etwaiger Betriebsübernehmer gerade das erreichen, was zu verhindern der Zweck der Richtlinie 2001/23/EG sei. Der Übernehmer könnte nämlich dann die materiellen und immateriellen Betriebsmittel voneinander trennen, im Ergebnis also alle oder einen Teil der Mitarbeiter des vormaligen Inhabers beschäftigen, ohne deren Arbeitgeber zu werden. Das sei nicht gewollt. (BAG vom 23.09.2010 – 8 AZR 597/09)

Aktenzeichen:

8 AZR 597/09

8 AZR 597/09