BAG: Klageverzichtsklausel in Aufhebungsvertrag kann unwirksam sein

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in einer Entscheidung vom 12.03.2015 mit der Frage zu befassen, ob die in einem Aufhebungsvertrag enthaltene Klausel, wonach der Arbeitnehmer auf Klagen gegen seine Arbeitgeberin verzichtet, unwirksam sein kann.

In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der seit 2001 bei seiner Arbeitgeberin, einem Einzelhandels-Unternehmen, beschäftigt war. Offenbar kurz vor oder am 28.12.2012 kam es zu einem Vorfall, bei dem die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer vorwarf, aus ihrem Lagerbestand zwei Fertigsuppen ohne Bezahlung entnommen und verzehrt zu haben. Deshalb drohte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung und eine Strafanzeige an.

Am 28.12.2012 schlossen die Parteien dann einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis an demselben Tag ohne Zahlung einer Abfindung endete. Außerdem enthielt der Aufhebungsvertrag unter anderem eine Klageverzichtsklausel.

Noch am 28.12.2012 erklärte der Arbeitnehmer die Anfechtung dieses Aufhebungsvertrages wegen widerrechtlicher Drohung und erhob Feststellungsklage auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Denn aus Sicht des Arbeitnehmers sei die Androhung einer außerordentlichen Kündigung angesichts des langjährigen und unbelasteten Arbeitsverhältnisses unangemessen.

Nach unterschiedlichen Entscheidungen in den Vorinstanzen hatte sich nunmehr das BAG als Revisionsgericht mit dem Fall zu befassen. Dieses kam zum Ergebnis, dass der Klageverzicht nur dann wirksam sei, wenn die Drohung mit der außerordentlichen Kündigung nicht widerrechtlich war. Da diese Frage aber in der Vorinstanz noch nicht hinreichend aufgeklärt wurde, verwies das BAG den Fall an das LAG zurück (BAG, Urt. v. 12.03.2015, Az. 6 AZR 82/14).

Hinweise von Rechtsanwalt Michael Kügler:

Die vorliegend Entscheidung ist ein Besipiel dafür, dass Arbeitnehmer – unter bestimmten Umständen – auch Aufhebungsverträge anfechten können. Denn auch die auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gerichteten Willenserklärungen sind nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 119 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) anfechtbar.

Allerdings besteht die Möglichkeit der Anfechtung nur unter engen Voraussetzungen: In der Praxis der Arbeitsgerichte kommt insoweit insbesondere immer wieder die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung zur Sprache. Dabei ist die Drohung mit einer (außerordentlichen) Kündigung für sich allein nicht stets widerrechtlich. Die Widerrechtlichkeit liegt nach der Rechtsprechung des BAG nur vor, wenn ein sog. "verständiger Arbeitgeber" in der gegebenen Situation eine (außerordentliche) Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Die Beweislast hierfür liegt beim Arbeitnehmer.

Arbeitnehmer haben daher hohe Hürden zu überwinden, wenn sie einen Aufhebungsvertrag durch Anfechtung zu Fall bringen möchten. Sie sollten daher stest sorgfältig überlegen, ob sie überhaupt einen Aufhebungsvertrag eingehen. Da Aufhebungsverträge eine ganze Reihe von Nachteilen nach sich ziehen können, sollten Arbeitnehmer insbesondere überlegen, bereits vor Abschluss des Aufhebungsvertrages rechtlichen Rat einzuholen.

Ist das Kind aber bereits in den sprichwörtlichen "Brunnen gefallen", sollte sofort rechtlicher Rat eingeholt werden, da bereits die Abfassung einer Anfechtungserklärung formale und inhaltliche Hürden bietet.

Aktenzeichen:

6 AZR 82/14