BAG: Kündigung wegen genesungswidrigen Urlaubes

Ein Arbeitnehmer war als ärztlicher Gutachter bei einem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beschäftigt. In der Zeit vom 8. September 2003 bis 16. Januar 2004 war er selbst wegen einer Hirnhautentzündung arbeitsunfähig. Ende Dezember fuhr er in den Skiurlaub. Während eines Skikurses stürzte er und brach sich das Bein, so dass die Arbeitsunfähigkeit erheblich verlängert wurde. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich.

Der Arbeitnehmer erhob Klage, die in letzter Instanz vom Bundesarbeitsgericht (BAG) zurückgewiesen wurde. Nach Auffassung des BAG hat der Arbeitnehmer seine Pflicht zu einem gesundheitsfördernden Verhalten erheblich verletzt. Das alpine Skilaufen stelle an Konzentration und Fitness nicht unerhebliche Anforderungen, die zu erfüllen er nicht in der Lage gewesen sei.

Das BAG stellte aber auch entscheidend auf die Tätigkeit des Arbeitsnehmers ab: Als Gutachter des MDK hatte er die Berechtigung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu überprüfen. Dementsprechend hatte er alles zu unterlassen, was die Neutralität und Glaubwürdigkeit des MDK und seiner Gutachten bei den Auftraggebern in Frage stellen könnte. Der Skiurlaub während der Arbeitsunfähigkeit stellte nach Auffassung des BAG aber ein Verhalten dar, welches Ansehen, Neutralität und Glaubwürdigkeit des MDK in Frage stellen könnte.

Einer Abmahnung bedurfte es nach Auffassung des BAG nicht, weil diese Pflichtverletzungen den Arbeitgeber auch ohne Abmahnung zu einer fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund berechtigen. (BAG vom 2. März 2006 – 2 AZR 53/05)

Anmerkung von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto: Diese Entscheidung wird nicht verallgemeinert werden können. Das BAG hat die Entscheidung ganz wesentlich auch auf die besondere Verantwortung des Klägers im Hinblick auf die Stellung des MDK gestützt. Ohne solche besonderen Umstände wird man bei einer Reise während der Arbeitsunfähigkeit auch dann, wenn die Reise genesungswidrig ist, nicht ohne weiteres von der Zulässigkeit einer Kündigung ausgehen können.