BAG: (Männlicher) Pilot muss keine „Cockpit-Mütze“ tragen

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Luftfahrtunternehmen von einem (männlichen) Piloten verlangen kann, zusätzlich zu seiner Pilotenuniform beim Auftreten in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereichen auch eine sog. „Cockpit-Mütze“ zu tragen.

Im entschiedenen Falle bestand im Betrieb des Luftfahrtunternehmes eine „Betriebsvereinbarung Dienstbekleidung“, die allein den (männlichen) Piloten eine Pflicht zum Tragen einer Kopfbedeckung auferlegte. Den Pilotinnen stand das Tragen einer Kopfbedeckung dagegen frei. Ein für das Arbeitsverhältnis geltender Tarifvertrag ordnete die Geltung des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes an.

Der Kläger, ein Pilot, hielt diese Verpflichtung und die damit verbundene unterschiedliche Ausgestaltung der Bestimmungen über die Tragung einer „Cockpit-Mütze“ für unwirksam und hatte entsprechende Feststellungsklage gegen seine Arbeitgeberin erhoben. Die Arbeitgeberin verwies – neben einem angeblich bestehenden „klassischen Pilotenbild“ – im Gegenzug v.a. darauf, dass (angeblich) die unterschiedlichen Frisuren der Pilotinnen einer einheitlichen Pflicht zur Tragung einer Kopfbedeckung bei Frauen entgegenstünden.

Vor dem Bundesarbeitsgericht konnte das Luftfahrtunternehmen mit seiner Argumentation nicht durchdringen. Dabei ging das höchste deutsche Arbeitsgericht davon aus, dass die streitige Regelung bereits am betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG) scheitere. Ob es sich zudem auch um eine Benachteiligung wegen des Geschlechts handeln würde, blieb in der Entscheidung offen (BAG, Urteil vom 30.09.2014, 1 AZR 1083/12).

 

Hinweise von Rechtsanwalt Michael Kügler:

Die vorliegende Entscheidung ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass auch die unterschiedliche Behandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen in einer Betriebsvereinbarung eines sachlichen Grundes bedarf.

Dieses Erfordernis schränkt somit den Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien bei der Abfassung einer Betriebsvereinbarung ein.

Natürlich darf die Entscheidung nicht dahingehend verstanden werden, dass damit jede, auf der Bildung von Arbeitnehmergruppen beruhende, unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern unzulässig wäre. Insbesondere im Falle von Bekleidungsvorschriften erscheint es naheliegend, dass eine Unterscheidung etwa danach, ob ein Arbeitnehmer über „Kundenkontakt“ verfügt, grundsätzlich als Sachgrund geeignet wäre. Darüber hinaus dürfte aber auch die jeweilige Branche bzw. die dort bestehenden Kundenerwartungen und natürlich auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eine Rolle spielen.

Die denkbaren Fallgestaltungen sind allerdings so vielseitig, dass sich allgemeingültige Aussagen verbieten.

Zudem sollten Arbeitnehmer, bevor sie aufgrund ihrer eigenen Einschätzung entsprechenden Arbeitgeberanweisungen zuwiderhandeln und dadurch ggf. ihr Arbeitsverhältnis aufs Spiel setzen, stets über die Einholung rechtlichen Rates nachdenken. Gleiches gilt selbstverständlich auf für Arbeitgeber, bevor sie aus der Nichtbefolgung derartiger Handlungspflichten vorschnell arbeitsrechtlichen Maßnahmen ableiten.

Dabei mag man sich vor Augen halten, dass im vorliegenden „Mützen-Streit“ die Vorinstanz, nämlich das Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 29.10.2012, 5 Sa 549/11, die Rechtslage abweichend beurteilt hatte. Immerhin ließ das Landesarbeitsgericht Köln aber die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu, so dass der klagende Pilot sich letztlich doch durchsetzen konnte.
 

Aktenzeichen:

1 AZR 1083/12