BAG: Mitbestimmung des Betriebsrates bei Arbeitszeit und Umkleidezeit
Wenn das Tragen einer Firmenkleidung nicht zugleich auch ein eigenes Bedürfnis erfüllt, stellt das An- und Ablegen dieser Firmenkleidung Arbeitszeit dar. Die Anweisung, die Firmenkleidung vor Beginn bzw. nach dem Ende der durch die Zeiterfassung erfassten Arbeitszeit an- bzw. auszuziehen, bedarf der Zustimmung des Betriebsrates.
Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit Einrichtungshäuser. Aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung ist der weit überwiegende Teil der Mitarbeiter verpflichtet, während der Arbeitszeit Firmenkleidung zu tragen. Die Firmenkleidung ist Ausdruck einer bestimmten Firmenkultur der Arbeitgeberin, die eine unverwechselbare Assoziation mit seinem skandinavischen Ursprungsland zu erzielen beabsichtigt. Die Firmenkleidung ist auffällig blau/gelb gestaltet. Darüber ist der Name des Unternehmens deutlich sichtbar auf der Vorderseite der Kleidung angebracht, so dass ein Beschäftigter, der diese Firmenkleidung auf dem Weg von oder zur Arbeit trägt, im öffentlichen Raum ohne Weiteres als Mitarbeiter der Arbeitgeberin zu erkennen ist.
Die Arbeitgeberin hatte die Anweisung gegeben, die Firmenkleidung bereits vor dem Beginn der durch die Zeiterfassung erfassten Arbeitszeit an- und nach deren Ende auszuziehen.
Damit hatte die Arbeitgeberin nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) gegen die Bestimmung von § 87 Abs. 1 Ziffer 2 BetrVG verstoßen. Danach hat der Betriebsrat mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Zur Arbeitszeit im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 2 BetrVG gehört nicht nur die vergütungspflichtige Arbeitszeit. Vielmehr setzt das Mitbestimmungsrecht an der Grenze zwischen Arbeitszeit und Freiheit ein. Arbeitszeit im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 2 BetrVG ist deshalb die gesamte Zeit, während derer der Arbeitnehmer die von ihm geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbringen soll.
Umkleidezeiten gehören danach dann zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, wenn das Umkleiden einem fremden Bedürfnis dient und nicht zugleich ein eigenes erfüllt.
Das An- und Ablegen der Firmenkleidung war nach Auffassung des BAG lediglich fremdnützig und diente keinen eigenen Interessen der Mitarbeiter. (BAG vom 10.11.2009 – 1 ABR 54/08)
1 ABR 54/08