BAG: Mitbestimmung des Betriebsrats bei Versetzungen

Im vorliegenden Beschlussverfahren streiten die Beteiligten über das Vorliegen von Versetzungen. 

Die Arbeitgeberin, ein IT-Dienstleister, unterhielt bis Ende Dezember 2016 bzw. Ende März 2017 in Baden-Württemberg vier Betriebsstätten, in denen die Fachvorgesetzten der von der Arbeitgeberin eingesetzten Arbeitnehmer ansässig waren. Auf der Grundlage eines mit dem Gesamtbetriebsrat unter dem 17. Februar 2017 geschlossenen Interessenausgleichs wurden u.a. drei Betriebsstätten geschlossen und in einer anderen Betriebsstätte zusammengeführt. 

Mit Schreiben vom 10.04.2018 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat unter anderem folgendes mit: 

„wie Ihnen bekannt ist, hat C gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat am 17. Februar 2017 einen Interessenausgleich über die Neuausrichtung ihres Geschäfts in Deutschland abgeschlossen, der eine Vielzahl an Betriebsschließungen regelt. Im Nachgang zu diesen Schließungen findet eine Neuzuordnung der Mitarbeiter zum regional zuständigen Betriebsstandort statt. Nachdem nun auch die Betriebsräumlichkeiten St aufgegeben und diese in die Sstr. Bö verlegt wurden (gesonderter Interessenausgleich ist abgeschlossen), ist Bö nunmehr der maßgebliche Standort für die Mitarbeiter der Region, weshalb eine Zuordnung hierhin stattfindet, zum Teil, wie in dieser Anhörung, mit dem Angebot eines dauerhaften Home Office zur Vermeidung unbilliger Härten hinsichtlich der Arbeitswege.  

… 

Die Versetzungen erfolgen zum 1. Mai 2018. Die Mitarbeiter befinden sich bereits im Home Office. 

Mit weiteren Änderungen ist die Versetzung der genannten Mitarbeiter nicht verbunden, insbesondere bleibt das Aufgabengebiet unverändert.  

Alle hier genannten Versetzungen erfolgen mit dem Angebot eines dauerhaften Home Office, sodass die betroffenen Mitarbeiter in der Regel nicht physisch am Dienstort anwesend sein werden.  

… 

Wir bitten hiermit um Ihre Zustimmung zur Versetzung.“ 

 

Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung, woraufhin die Arbeitgeberin in erster Linie die Zustimmungsersetzung beantragte, um hilfsweise festzustellen, dass die örtliche Verlagerung ins Homeoffice keine Versetzung darstelle. In 1. Instanz hatte das Arbeitsgericht den Hauptantrag als unzulässig zurückgewiesen, aber festgestellt, dass keine Versetzungen vorliegen. Diese Feststellung hat das LAG aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Das BAG hat nunmehr entschieden, dass der Feststellungsantrag bereits unzulässig ist, weil der Antrag einem abstrakten Rechtsgutachten gleichkomme. 

Das erforderliche Interesse an der begehrten Feststellung fehlt demnach, weil der zwischen den Beteiligten bestehende Streit über die Zustimmungsbedürftigkeit der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Zuordnung ins Homeoffice durch die Feststellung nicht abschließend geklärt wurde. Insofern sei insbesondere zu beachten, dass weiterhin auch die Umsetzung des Interessenausgleichs, die sich nicht in der bloßen Neuzuordnung von bereits im dauerhaften Homeoffice befindlichen Arbeitnehmern an einen anderen Dienstort erschöpfe, Teil der streitigen Maßnahme sei. 

 

Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Nr. 2 des Beschlusses der Zentralen Kommission der Zentral-KODA vom 23.11.2016 wird in der Praxis häufig übersehen, greift im vorliegenden Sachverhalt aber inhaltlich nicht ein.  Dabei geht das BAG davon aus, dass die unterschiedliche Behandlung bei einem Verbleib im Bereich der AK-Caritas gegenüber einem Wechsel in den Bereich der KODA sachlich gerechtfertigt sei. Insbesondere könnten nämlich bei einem Wechsel des arbeitsrechtlichen Regelungsbereichs Entgelteinbußen – etwa aufgrund einer geänderten Stufenzuordnung – eintreten. Daher sei es berechtigt, diese Wechsel auch rechtlich unterschiedlich auszugestalten.  

 

 Gericht: 

BAG 

Aktenzeichen

7 ABR 13/20 

Datum der Entscheidung

22.09.2021