BAG: Mitbestimmung des Betriebsrats im Rahmen der betrieblichen Entgeltgrundsätze/Mindestlohn
Gegenstand dieses Verfahrens war die Frage, ob und inwieweit Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bestehen. Die Arbeitgeberin ist nicht tarifgebunden und hatte mit dem Betriebsrat unter anderem eine „Regelungsabrede/Betriebsvereinbarung zur Entgeltordnung und zu sonstigen Arbeitsbedingungen 2018“ abgeschlossen, in der 13 Entgeltgruppen mit jeweils sechs Stufen festgelegt wurden. Ergänzend dazu wurden in einer Referenz- und Vergütungstabelle 2018 die jeweiligen Monats- und Stundenvergütungen definiert. Bei EG 1 Stufe 1 bis 6 sowie bei EG 2 Stufe 1 und 2 ist jeweils eine Stundenvergütung von 8,90 EUR und bei der EG 2 (Stufe 3) von 9,04 EUR angegeben. In den höheren Stufen der EG 2 und in allen Stufen der EG 3 bis EG 13 steigen die Stundenvergütungen sukzessive an.
In der Folge zahlte die Arbeitgeberin ab dem 01.01.2019 entsprechend dem dann erhöhten gesetzlichen Mindestlohn für die Entgeltgruppen EG 1 und EG 2 in den Stufen 1-3 jeweils einen erhöhten Stundensatz von 9,19 EUR.
Der Betriebsrat hat geltend gemacht, dass dadurch seine Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ebenso verletzt werden, wie die Regelungsabrede/Betriebsvereinbarung zur Entgeltordnung. Das Bundesarbeitsgericht hat das darauf vom Betriebsrat eingeleitete Beschlussverfahren ebenso abschlägig beschieden wie die Vorinstanzen. Demnach tangieren die Regelungen des MiLoG die Regelungsbefugnisse der Betriebsparteien nicht. Der Mindestlohnanspruch aus § 1 I MiLoG sei vielmehr ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Entscheidend war im vorliegenden Fall, dass in der Vergütung bestimmter Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen entsprechend den jeweiligen gesetzlichen Vorgaben zum Mindestlohn ohne gleichzeitige Vergütungserhöhung anderer Entgeltgruppen keine mitbestimmungspflichtige Änderung der mitbestimmt aufgestellten Entlohnungsgrundsätze i.S.v. § 87 I Nr. 10 BetrVG liegt, wie das Bundesarbeitsgericht bereits in seinem Leitsatz betont. Es handelt sich dabei lediglich um die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben. Etwas anderes würde etwa dann gelten, wenn eine Betriebsvereinbarung besteht, in der festgelegt wird, dass die Entgeltabstände zwischen den einzelnen Entgeltgruppen ein bestimmtes Mindestvolumen beinhalten müssen und durch die Anhebung aufgrund veränderter Mindestlohnvorgaben in der Folge auch Korrekturen in weiteren Entgeltgruppen vorzunehmen wären.
Gericht:
BAG
Datum der Entscheidung
27.04.2021
Aktenzeichen
1 ABR 21/20