BAG: Pfändungsfreigrenzen und Urlaubsabgeltung

Die Bestimmung von § 850c ZPO über Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ist auch bei Urlaubsabgeltung zu beachten.

Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers endete mit Ablauf des 28.02. Die Arbeitgeberin rechnete mit dem Februarentgelt auch die Abgeltung des Resturlaubs von 14 Tagen in Höhe von 1.719,76 DM ab und rechnete gleichzeitig mit eigenen Forderungen auf. Hiergegen wendete sich der Arbeitnehmer und forderte Nachzahlung.

Das BAG gab dem Begehren des Arbeitnehmers statt. Eine Aufrechnung sei stets nur mit dem pfändungsfreien Teil des Arbeitseinkommens möglich. Bei der Berechnung des pfändungsfreien Teils sei die Urlaubsabgeltung aber dem Zeitraum zuzurechnen in dem der Urlaub bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hätte genommen werden können. Deshalb sei die Urlaubsabgeltung hier dem Monat März zuzurechnen gewesen. Bei einer deshalb vorzunehmenden fiktiven Entgeltabrechung für den Monat März errechnete sich aus dem Bruttobetrag von 1719,76 DM ein Nettobetrag von 1305,31 DM, von denen nach der Bestimmung von § 850c ZPO lediglich 63,70 DM pfändbar waren. Der Restbetrag musste von der Arbeitgeberin trotz ihrer eigenen Ansprüche an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden. (BAG v. 28.08.2001 9 AZR 611/99)

Hinweis von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto: Aus aktuellem Anlass möchten wir uns erlauben, auch auf diese ältere Entscheidung hinzuweisen. Es kommt immer wieder vor dass ein Arbeitgeber bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Forderungen gegen einen Arbeitnehmer geltend zu machen hat und diese dann mit den Entgeltansprüchen des Arbeitnehmers aufrechnet. Dabei wird die Abrechnung häufig in der Weise vorgenommen dass sämtliche offenen Ansprüche des Arbeitnehmers in der letzten Abrechnung berücksichtigt werden, so dass dort ein hoher Nettobetrag ausgewiesen wird, der auch bei bestehenden Unterhaltspflichten eine Aufrechnung möglich erscheinen lässt. Allerdings ist eine solche Kummulierung aller offenen Ansprüche des Arbeitnehmers in der letzten Abrechnung im Hinblick auf die Bestimmung von § 850c ZPO unzulässig. Somit hat die Entscheidung des BAG zur Folge, dass ein Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung ggf. sogar in voller Höhe an den Arbeitnehmer auszahlen muss, auch wenn er noch eigene Forderungen gegenüber dem Arbeitnehmer hat und diese dann vielleicht nicht mehr zu realisieren vermag.