BAG: Rückwirkende Begründung eines Altersteilzeitarbeitsvertrags
Der Kläger war bei einem Forschungsinstitut beschäftigt und hatte im im Oktober 2003 einen Antrag auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell für die Zeit vom 1. Februar 2004 bis 30. September 2008 gestellt. Auf das Arbeitsverhältnis kam der für den öffentlichen Dienst geltende „Tarifvertrag Altersteilzeit“ zur Anwendung, der in seinem § 2 folgende Regelung enthält:
(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.
Obgleich der Kläger das 60. Lebensjahr bereits vollendet hatte, lehnte der Arbeitgeber den Antrag auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ab und berief sich dabei auf wirtschaftliche Gründe. Er wolle die Ausgaben für Infrastruktur und Verwaltung „einfrieren“ so dass der Mehraufwand für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht tragbar sei. Außerdem begründe der Tarifvertrag lediglich einen Anspruch auf Vereinbarung eines bis zu zwei Jahre währenden Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Auffassung des Arbeitgebers zurück und verurteilte diesen zum rückwirkenden Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit dem Kläger. Der „Tarifvertrag Altersteilzeit“ begründe für Arbeitnehmer ab Vollendung ihres 60. Lebensjahres gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Dabei sei die zu beanspruchende Länge des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses keineswegs auf zwei Jahre beschränkt. Vielmehr beziehe sich der Anspruch auf die Dauer bis zu dem Zeitpunkt zu dem der Arbeitnehmer eine ungekürzte Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung beanspruchen könne. Der Anspruch des Arbeitnehmers sei nur ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber dringende betriebliche oder dienstliche Gründen vorbringen könne. Dabei stellten die mit einem Altersteilzeitarbeitsvertrag verbundenen Mehraufwendungen des Arbeitgebers nicht solche „dringenden betrieblichen Gründe“ dar, die einem Anspruch des Arbeitnehmers entgegengehalten werden könnten. Gleiches gelte für das betriebliche Interesse, den Anstieg von Personalkosten zugunsten von Investitionen zu begrenzen.
Es bestehe auch ein Anspruch auf rückwirkende Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitnehmer den gewünschten Beginn der Altersteilzeit rechtzeitig geltend gemacht habe. In diesem Fall könne der Arbeitgeber dazu verurteilt werden, dem Antrag auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses rückwirkend zuzustimmen. (BAG vom 23. Januar 2007 – 9 AZR 393/06)
Hinweis von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto: Die Entscheidung des BAG stellt klar, dass ein Arbeitgeber den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht durch zögerliche Bearbeitung oder Verweigerung des Vertragsabschlusses verhindern kann, soweit ein Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses besteht. Hinzuweisen ist aber darauf dass sich ein Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht aus dem Altersteilzeitgesetz ergibt. Nur dann wenn ein solcher Anspruch durch Tarifvertrag Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag eingeräumt wurde kann dieser auch geltend gemacht werden.
9 AZR 393/06