BAG: Rückkehr zur Tätigkeit im Büro und Beendigung alternierender Tätigkeit

Gegenstand dieses Verfahrens war ein Antrag auf Zustimmungsersetzung einer Arbeitgeberin, die zum Konzern der Deutschen Telekom AG gehört.  

Die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zur Beendigung alternierender Telearbeit bei einer Mitarbeiterin und deren vollständiger Rückkehr ins Büro hatte der Betriebsrat nicht zugestimmt.  

Der Betriebsrat hat vielmehr die Ansicht vertreten, seine Zustimmung zu der streitigen personellen Maßnahme sei nicht zu ersetzen. Das innerbetriebliche Zustimmungsersuchen der Arbeitgeberin sei nicht ordnungsgemäß, da der Betriebsrat nicht hinreichend über die beabsichtigte personelle Maßnahme unterrichtet worden sei. Die Arbeitgeberin habe in ihrer Anhörung nicht aufgezeigt, wie sie ihre Interessen mit denen von Frau R abgewogen habe und den Betriebsrat nicht über die Auswirkungen des Widerrufs auf die Tätigkeit von Frau R und die in ihrem Bereich eingesetzten Kollegen unterrichtet. Außerdem lägen die von ihm geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe vor. 

Der Betriebsrat ist im Ergebnis in allen drei Instanzen unterlegen. Allerdings bestätigt auch das BAG, dass die Rückkehr ins Büro eines bislang weit überwiegend im Rahmen einer Beschäftigung in alternierender Telearbeit an einem vom Arbeitgeber eingerichteten häuslichen Arbeitsplatz tätigen Mitarbeiters, regelmäßig eine beteiligungspflichtige Versetzung i.S.v. §§ 95 III 1, 99 I BetrVG anzusehen ist. 

Im Ergebnis bestehe aber insbesondere kein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 II Nr. 4 BetrVG, wenn nicht dargelegt werden könne, dass beim betroffenen Arbeitnehmer versetzungsbedingte Nachteile durch den Vollzug einer unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers bedingt sind. Die mit der Beendigung der alternierenden Telearbeit und der beabsichtigten Beschäftigung in der Betriebsstätte einhergehende Verschlechterung der äußeren Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerin – insbesondere die Notwendigkeit der regelmäßigen Anreise von ihrem Wohnort mit entsprechenden Fahrtzeiten und Kosten – stelle zwar einen Nachteil i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG dar. Eine Benachteiligung i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG könne sich auch aus tatsächlichen Nachteilen von nicht unerheblichem Gewicht ergeben, wie sie etwa bei ungünstigen Auswirkungen auf die Umstände der Arbeit durch erheblich längere Wege (vgl. ErfK/Kania 21. Aufl. BetrVG § 99 Rn. 32; Thüsing in Richardi BetrVG 16. Aufl. § 99 Rn. 258) anzunehmen sind (vgl. BAG 2. April 1996 – 1 ABR 39/95 – zu B I 3 a der Gründe). Diese Nachteile seien im vorliegenden Fall aber aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung der Arbeitgeberin i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt. 

 

 

Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Die Entscheidungen zur Rückkehr aus Home-Office oder alternierender Telearbeit häufen sich und das BAG bestätigt, dass derartige Maßnahmen der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG unterliegen. Wichtig ist auch die Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung, dass die Betriebsparteien formlos die Frist des § 99 Abs.3 S.1 BetrVG verlängern können (so auch: BAG 5. Mai 2010 – 7 ABR 70/08 – Rn. 30; 16. November 2004 – 1 ABR 48/03, BAGE 112, 329). Wichtig ist auch, dass das Kind die Notwendigkeit einer Kinderbetreuung grundsätzlich als wichtigen Faktor im Rahmen der Prüfung ansieht, im vorliegenden Fall dem Aspekt der Kinderbetreuung vor dem Hintergrund des fortgeschrittenen Alters des Kindes der betroffenen Mitarbeiterin kein entscheidendes Gewicht mehr beigemessen hat. 

 

Gericht: 

BAG 

Aktenzeichen: 

7 ABR 34/20 

Datum der Entscheidung: 

20.10.2021