BAG: Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung

Die Klägerin war in der Zeit vom 22.10.1991 bis zum 30.11.1992 bei der Beklagten als Hilfsbearbeiterin für die Berechnung von Kindergeld beschäftigt. Mit Wirkung zum 15.10.2014 erfolgte dann die erneute Einstellung, diesmal als Telefonserviceberaterin im Servicecenter ihrer Arbeitgeberin. Es erfolgte zunächst eine sachgrundlose Befristung bis zum 30.06.2015, die dann um ein Jahr, also bis zum 30.6.2016 verlängert wurde. Dagegen erhob die Klägerin Entfristungsklage und nachdem das Arbeitsgericht in erster Instanz die Klage abgewiesen und das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben hatte, entschied jetzt das BAG, dass das in § 14 Abs.2 S.2 TzBfG geregelte Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer 22 Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung nicht zur Anwendung gelangt.

Zwar sei nach § 14 Abs.2 S.2 TzBfG die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. In verfassungskonformer Auslegung bestehe in dem vorliegenden keine Gefahr einer strukturellen Unterlegenheit der Klägerin durch die mehrfache sachgrundlose Befristung.

 

Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Es handelt sich um die erste Entscheidung des BAG zur Frage unzulässiger sachgrundloser Befristungen nach der der kurz zuvor verkündeten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Thema (Urteil vom 6.6.2018, Az. 1 BVR 1375/14). In Umsetzung der Entscheidung des BVerfG müssen die Arbeitsgerichte den Anwendungsbereich von § 14 Abs.2 S.2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung für den Arbeitgeber unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht. Demnach kann das Verbot der sachgrundlosen Befristung u.a. dann unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt. Genau dies hat das BAG jetzt erstmals zur Anwendung gebracht und damit einen ersten Orientierungspunkt für künftige Auslegungsfälle gegeben.

 

 

Gericht:

Bundesarbeitsgericht

Aktenzeichen:

7 AZR 452/17

Datum der Entscheidungen

21.08.2019