BAG: Sonderkündigungsschutz bei Schwerbehinderung und Gleichstellung
Die Klägerin hatte am 03.12.2004 einen Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen gestellt. Am 06.12.2004 wurde ihr von ihrem Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen, ohne dass der Arbeitgeber zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt hatte. Nachdem die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben hatte, wurde dem Antrag auf Gleichstellung im April 2005 rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung stattgegeben. Die Klägerin vertrat nun die Auffassung dass die Kündigung aufgrund der Bestimmung von § 85 SGB IX mangels Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam sei.
Die Klägerin blieb vor dem Bundesarbeitsgericht gleichwohl erfolglos. Das BAG bezog sich dabei auf die Bestimmung von § 90 Abs. 2a SGB IX. Das BAG legt diese sehr unbestimmt gehaltene Vorschrift nun so aus, dass Schwerbehinderte nur dann den besonderen Kündigungsschutz von § 85 SGB IX in Anspruch nehmen können, wenn sie zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits als Schwerbehinderte anerkannt wurden oder den Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung gestellt haben. Gleiches soll nach Auffassung des BAG für den schwerbehinderten Menschen Gleichgestellte gelten. Soweit die Gleichstellung zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht bereits festgestellt wurde, soll der Arbeitnehmer der vor Ausspruch der Kündigung einen Antrag auf Gleichstellung gestellt hat, den besonderen Kündigungsschutz nur dann geltend machen können wenn er den Antrag mindestens drei Wochen vor Ausspruch der der Kündigung gestellt hat. Die Klägerin hatte den Antrag nur drei Tage vor Ausspruch der Kündigung gestellt, so dass die Kündigung nicht gem. § 85 SGB IX unwirksam war. (BAG v. 1. März 2007 – 2 AZR 217/06)
Hinweis von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto: Mit dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zum besonderen Kündigungsschutz von Schwerbehinderten weiter verschärft. Bereits in seiner Entscheidung vom 12.02.2006 hatte das BAG eine Änderung seiner Rechtsprechung angekündigt und mitgeteilt den Zeitraum, innerhalb dessen ein Schwerbehinderter, der den Arbeitgeber zuvor nicht auf seine Schwerbhinderung hingewiesen hatte, den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderung informieren kann, von vier auf drei Wochen verkürzen zu wollen. Nunmehr wendet das BAG die Frist auf drei Wochen auch auf die Fälle an, in denen der Antrag zwar vor Ausspruch der Kündigung gestellt aber noch nicht beschieden wurde.
Soweit das BAG ausführt dass ein Arbeitnehmer, über dessen Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung noch nicht entschieden wurde, sich nur dann auf den Schutz von § 85 SGB IX berufen kann, wenn er den Antrag mindestens drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung gestellt hat, stellt dieses eine erfreuliche Klarstellung der reichlich unklaren Bestimmung von § 90 Abs. 2a SGB IX dar. Weniger verständlich ist aber die Anwendung dieser Frist auf Anträge auf Gleichstellung, scheint doch das BAG bewusst gegen den Wortlaut von § 68 Abs. 2 SGB IX entschieden zu haben. Nach dieser Bestimmung wird nämlich „die Gleichstellung mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam“ – und nicht erst drei Wochen nach Eingang des Antrages.
2 AZR 217/06
2 AZR 217/06
2 AZR 217/06
Mit dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zum besonderen Kündigungsschutz von Schwerbehinderten weiter verschärft. Bereits in seiner Entscheidung vom 12.02.2006 hatte das BAG eine Änderung seiner Rechtsprechung angekündigt und mitgeteilt den Zeitraum, innerhalb dessen ein Schwerbehinderter, der den Arbeitgeber zuvor nicht auf seine Schwerbhinderung hingewiesen hatte, den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderung informieren kann, von vier auf drei Wochen verkürzen zu wollen. Nunmehr wendet das BAG die Frist auf drei Wochen auch auf die Fälle an, in denen der Antrag zwar vor Ausspruch der Kündigung gestellt aber noch nicht beschieden wurde.
Soweit das BAG ausführt dass ein Arbeitnehmer, über dessen Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung noch nicht entschieden wurde, sich nur dann auf den Schutz von § 85 SGB IX berufen kann, wenn er den Antrag mindestens drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung gestellt hat, stellt dieses eine erfreuliche Klarstellung der reichlich unklaren Bestimmung von § 90 Abs. 2a SGB IX dar. Weniger verständlich ist aber die Anwendung dieser Frist auf Anträge auf Gleichstellung, scheint doch das BAG bewusst gegen den Wortlaut von § 68 Abs. 2 SGB IX entschieden zu haben. Nach dieser Bestimmung wird nämlich „die Gleichstellung mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam“ – und nicht erst drei Wochen nach Eingang des Antrages.