BAG stellt klar: Arbeitnehmer, der nicht über eine Vertragsänderung verhandeln will, kann die Teilnahme an einem entsprechenden Personalgespräch ablehnen
Das BAG sieht keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, gegen seinen erklärten Willen an einem Personalgespräch über die Verhandlung eines Änderungsvertrages teilzunehmen. Eine gleichwohl dem Arbeitnehmer wegen der Verweigerung solcher Gespräche erteilte Abmahnung ist aus der Personalakte zu entfernen.
Im entschiedenen Fall hatte eine Arbeitnehmerin (Altenpflegerin) ihrer Arbeitgeberin ausdrücklich erklärt, dass sie keine Verhandlungen über den Abschluss eines Änderungsvertrages (hier: zum Zweck der Vergütungsreduzierung) führen wolle. Gleichwohl ordnete die Arbeitgeberin ein entsprechendes Einzelgespräch zu diesem Zweck an und erteilte der sich weigernden Arbeitnehmerin eine Abmahnung.
Das BAG stellt nun klar, dass die Arbeitgeberin zwar gemäß § 106 Gewerbeordnung „Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung“ nach ihrem „billigem Ermessen“ bestimmen kann, woraus sich ein weitreichendes Weisungsrecht (Direktionsrecht) der Arbeitgeberin ergibt. Gespräche über eine Vertragsänderung sind aber dem Weisungsrecht vorgelagert und können sich daher nicht aus ihm ergeben. Es bestand daher im konkreten Falle keine Pflicht der Arbeitnehmerin, sich auf dieses Gespräch einzulassen. (BAG vom 23.06.2009 – 2 AZR 606/08)
Hinweise von Rechtsanwalt Michael Kügler:
Das Urteil des BAG ist ein schönes Beispiel dafür, dass die Reichweite des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts (Direktionsrecht) nie losgelöst von seinen rechtlichen Grundlagen beurteilt werden kann. In der Praxis lässt sich beobachten, dass sowohl Arbeitnehmer, als auch Arbeitgeber oft keine genaue Vorstellung über Inhalt und Reichweite desselben haben.
Gründliche Vorbereitung bei der Vertragsgestaltung kann für Klarheit sorgen.
Viele Streitfälle etwa zum Arbeitsort oder zur Lage und Verteilung der Arbeitszeit lassen sich dann vermeiden.
Im Übrigen ist bei der Verweigerung von Gesprächen Vorsicht geboten: Nicht immer liegen die Fälle so eindeutig wie hier. Arbeitnehmer sollten sich im Zweifel beraten lassen, bevor sich vielleicht erst im Kündigungsschutzprozess herausstellt, dass der Arbeitgeber doch im Recht war.
2 AZR 606/08
2 AZR 606/08
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