BAG: Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte auch bei Jahresarbeitszeitkonto

Nach der ersten Entscheidung des BAG zu Überstunden bei Wechselschicht und Schichtarbeit vom 25.4.2013 (6 AZR 800/11) und der Bestätigung der Anwendung der Grundsätze dieser Entscheidung auch auf Teilzeitkräfte vom 23.03.2017 (6 AZR 161/16) hatte sich das BAG nunmehr erneut mit den der Frage der Entstehung von Überstundenzuschlägen bei Teilzeitbeschäftigung und der Abgrenzung von Überstunden und Mehrarbeit zu befassen.

In dem zu entscheidenden Fall war die Klägerin als stellvertretende Filialleiterin in Teilzeit tätig, wobei der Manteltarifvertrag für die Systemgastronomie auf das Beschäftigungsverhältnis Anwendung fand. Entsprechend den tarifvertraglich vorgesehenen Regelungen war für die Klägerin ein Jahresarbeitszeitkonto eingerichtet worden. Am Ende des Zwölfmonatszeitraums hat die Beklagte für die erbrachten Arbeitsstunden jedoch nur die Grundvergütung geleistet, weil die Arbeitszeit der Klägerin nicht die einer Vollzeittätigkeit überschritt. Die Klägerin verlangte nunmehr Mehrarbeitszuschläge für die Arbeitszeit, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinausging und obsiegte im Wesentlichen mit ihrer Klage.

Nach der Entscheidung des BAG führt die Möglichkeit zur Saldierung von Arbeitszeit im Rahmen eines Jahresarbeitszeitkontos nicht dazu, dass Mehrarbeitszuschläge nur dann zu zahlen sind, wenn die Arbeitszeit im Zwölfmonatszeitraum die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschreitet.

Vielmehr entstehe der Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge jeweils für die Arbeitszeit, die über die individuell festgelegte Arbeitszeit hinausgeht, wobei die einzelnen Entgeltbestandteile und nicht die Gesamtvergütung zu vergleichen sind. Teilzeitbeschäftigte würden demnach unzulässig benachteiligt, wenn die Zahl der Arbeitsstunden, bei denen ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung entsteht, nicht proportional zu ihrer vereinbarten Arbeitszeit vermindert würde.

Hinweis von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Die Entscheidung baut auf die Rechtsprechung der beiden vorangegangenen Entscheidungen des BAG aus 2013 und 2017 auf und ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil der hier zuständige Zehnte Senat ausdrücklich seine bislang abweichende Ansicht aufgibt und sich nunmehr der Rechtsprechung des Sechsten Senats anschließt. Dies bedeutet zugleich eine ganz erhebliche Stärkung der Position von Teilzeitbeschäftigten und deren Anspruch auf benachteiligungsfreie Ausgestaltung ihres Beschäftigungsverhältnisses.

Gericht:

BAG

Datum der Entscheidung:

19.12.2018

Aktenzeichen:

10 AZR 231/18