BAG: Unwirksamkeit der Kündigung mangels ordnungsgemäßer Massenentlassungsanzeige
Eine Kündigung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber bei einer erforderlichen Massenentlassungsanzeige keine Stellungnahme des zuständigen betriebsverfassungsrechtlichen Gremiums beigefügt hat und auch die Voraussetzungen von § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG nicht vorliegen.
Der Kläger war seit 2002 bei der Beklagten tätig. Im Jahr 2008 beschloss die Beklagte, verschiedene Tätigkeitsbereiche nicht mehr durch eigene Mitarbeiter ausführen zu lassen. Dazu vereinbarte die Beklagte gemeinsam mit zwei weiteren betroffenen Gesellschaften mit dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich. Im Betrieb, in dem der Kläger tätig war, sollten von insgesamt 75 Arbeitnehmern 49 gekündigt werden. Der Massenentlassungsanzeige war keine Stellungnahme eines betriebsverfassungsrechtlichen Gremiums beigefügt.
Das Bundesarbeitsgericht hielt die Kündigung deshalb für unwirksam. Die Beklagte war verpflichtet, eine Massenentlassungsanzeige zu erstatten, da aufgrund der Anzahl der Kündigungen der Schwellenwert überschritten war. Eine wirksame, den Anforderungen von § 17 Abs. 2 Satz 3 KSchG genügende Massenentlassungsanzeige wurde jedoch nicht erstattet.
Nach der Bestimmung von § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG hat der Arbeitgeber der Massenentlassungsanzeige eine Stellungnahme des Betriebsrates beizufügen. Einer solchen Stellungnahme bedarf es nur dann nicht, wenn ein Interessenausgleich mit Namensliste vereinbart wurde. Eine solche Namensliste wurde jedoch nicht vereinbart.
Eine Stellungnahme des Betriebsrates, des Gesamtbetriebsrates oder des Konzernbetriebsrates wurde der Massenentlassungsanzeige aber nicht beigefügt. Auch der Interessenausgleich, der mit dem Konzernbetriebsrat vereinbart worden war, reichte dafür nicht aus. Der Interessenausgleich stellte keine abschließende Stellungnahme zu den konkret beabsichtigten Kündigungen dar. Es konnte deshalb dahingestellt bleiben, ob der Konzernbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleiches zuständig war.
Die Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrates war auch nicht gem. § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG unnötig. Nach dieser Bestimmung ist eine Massenentlassungsanzeige auch dann wirksam, wenn zwar die Stellungnahme des Betriebsrates nicht vorliegt, der Arbeitgeber aber glaubhaft macht, dass er diesen mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige unterrichtet hat, und er gleichzeitig den Stand der Beratungen darlegt. Solches hat die Beklagte nicht getan.
Die Massenentlassungsanzeige war damit unwirksam. Die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige hat die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge. Das ergibt sich aus der Bestimmung von § 134 BGB. § 17 Abs. 1 i.V.m Abs. 3 Satz 2, Satz 3 KSchG stellt ein gesetzliches Verbot dar, Kündigungen vor Erstattung einer den Anforderungen genügenden Massenentlassungsanzeige auszusprechen. (BAG vom 22.11.2012, 2 AZR 371/11)
2 AZR 371/11