BAG: Vereinbarung einer Zustimmungsverweigerungsfiktion bei Fristablauf im Rahmen von § 99 BetrVG unwirksam
Im Rahmen der Einführung eines neuen tariflichen Vergütungsschemas hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 09. November 2005 zur Umgruppierung von etwa 1700 Arbeitnehmern an. Um den Betriebsrat die sachgerechte Bearbeitung der Umgruppierungsanträge zu ermöglichen, vereinbarten die Parteien eine Verlängerung der Anhörungsfrist bis zum 30. Juni 2006. Ferner vereinbarten die Parteien eine Regelung folgenden Inhaltes:
„Für alle, die bis dahin nicht einvernehmlich geregelt werden, gilt die Zustimmung zur Eingruppierung als verweigert. Der Arbeitgeber wird dann die entsprechenden Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten.“
Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 rügte der Betriebsrat das Fehlen verschiedener eingruppierungsrelevanter Informationen. Die Arbeitgeberin leitete daraufhin die Zustimmungsersetzungsverfahren ein und verwies darauf, dass der Betriebsrat seine Zustimmung entgegen § 99 Abs. 3 BetrVG nicht fristgerecht schriftlich unter Angaben von Gründen verweigert habe.
Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrates im beantragten Umfang ersetzt und das Landesarbeitsgericht die dagegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrates zurückgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung jedoch aufgehoben.
Die zwischen den Parteien vereinbarte Verlängerung der Frist von § 99 BetrVG hielt das Bundesarbeitsgericht für zulässig. Die Vereinbarung, nach der die Zustimmung des Betriebsrates als verweigert gilt, wenn er sich zu einem Zustimmungsantrag nicht fristgemäß äußert, hielt einer rechtlichen Überprüfung jedoch nicht Stand. Dem liegt zu Grunde, dass der Gesetzgeber in § 99 Abs. 4 BetrVG das Zustimmungsersetzungsverfahren abschließend geregelt hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Prüfungsumfang des Arbeitsgerichtes dabei durch die vom Betriebsrat genannten Gründe für die Zustimmungsverweigerung bestimmt. Gründe, die vom Betriebsrat nicht angeführt wurden, sind im Rahmen des Zustimmungsverweigerungsverfahrens nicht zu prüfen.
Eine Vereinbarung des Inhaltes, dass die Zustimmung des Betriebsrates als verweigert gilt, wenn der Betriebsrat sich nicht fristgemäß äußert, würde in dieses gesetzlich vorgesehene und von der Rechtsprechung entwickelte gerichtliche Verfahren zur Zustimmungsersetzung eingreifen. Für einen solchen Eingriff fehle den Betriebsparteien aber die Regelungskompetenz.
Das Bundesarbeitsgericht hat der Revision des Betriebsrates gleichwohl stattgegeben und die Angelegenheit zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht hatte in seiner Entscheidung nicht ausreichend gewürdigt, dass der Betriebsrat rechtzeitig und berechtigt das Fehlen eingruppierungsrelevanter Informationen gerügt hatte. Das Landesarbeitsgericht hat nun zu prüfen, ob die Arbeitgeberin dem Betriebsrat zu einem späteren Zeitpunkt die erforderlichen Informationen gegeben und deutlich gemacht hat, dass sie die Unterrichtung des Betriebsrates damit als abgeschlossen betrachtete. (BAG vom 13.03.2013, 7 ABR 39/11)
7 ABR 39/11