BAG: Vererblichkeit einer Sozialplanabfindung

Nachdem die Beklagte die Stilllegung ihres Betriebs beschlossen und mit dem Betriebsrat einen Sozialplan vereinbart hatte, sprach sie gegenüber den Beschäftigten eine betriebsbedingte Kündigung zum 31.12.2004 aus. Nachdem einer der betroffenen Mitarbeiter im November 2004 verstarb, fordern die Erben die Zahlung der Abfindung nach den Regelungen des Sozialplans. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen die Klage der Erben ab. Darauf legten diese Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) ein.

Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage der Erben auch in letzter Instanz ab. Der Anspruch auf die Sozialplanabfindung sei zum Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers noch nicht entstanden und deshalb nicht Bestandteil der Erbmasse gewesen. Die Sozialplanabfindung stelle nämlich keine nachträgliche Vergütung für die in der Vergangenheit geleisteten Dienste dar sondern habe vielmehr die Funktion, die Nachteile auszugleichen, die der einzelne Mitarbeiter infolge der Betriebsänderung erleide. Wenn der Mitarbeiter aber bereits vor der tatsächlichen betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses versterbe, ende das Arbeitsverhältnis nicht wegen der Betriebsänderung, sondern aus anderen Gründen. Anderenfalls würden ausschließlich die Erben begünstigt; was nicht im Einklang mit dem Zweck des Sozialplanes stehe, der lediglich die für den einzelnen Mitarbeiter entstehenden Nachteile absichern solle. (BAG vom 27.06.2006, 1 AZR 322/05)

Hinweis von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto:

Die Entscheidung des BAG ist folgerichtig und betont die Funktion des Sozialplans. Dieser soll gerade die den Mitarbeitern durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile mildern. Die Praxis hat sich allerdings davon weit entfernt. So ist es üblich, die Höhe einer Sozialplanabfindung nicht an den konkreten Verlusten des einzelnen Mitarbeiters, sondern an der Zeitdauer seiner Betriebszugehörigkeit  zu bemessen. Auch finden sich – abweichend von der Entscheidung des BAG – in vielen Sozialplänen Regelungen über die Vererblichkeit der Abfindung. Solche Regelungen sind zwar nicht durch die Einigungsstelle erzwingbar, werden aber auch von Arbeitgeberseite häufig akzeptiert, weil diese durch solche Unglücksfälle nicht profitieren möchte. Das Urteil des BAG darf deshalb nicht verallgemeinert werden; vielmehr sind die Betriebspartner aufgerufen, bei einer Betriebsänderung sachgerechte Lösungen zu vereinbaren.