BAG: Verwirkung des Rechts auf Widerspruch bei Betriebsübergang
Der Kläger war bis zum 30.09.2005 bei der Beklagten tätig. Sein Arbeitsverhältnis ging aufgrund Betriebsübergangs mit Wirkung zum 01.10.2005 auf die BenQ Mobile GmbH & Co. OHG über. Mit Schreiben vom 29. August 2005 wurde der Kläger über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unterrichtet. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zunächst nicht. Im Juli 2006 schloss er mit BenQ einen Aufhebungsvertrag zum 31. Dezember 2006 und vereinbarte darin eine Abfindung in Höhe von 98.026,49 €. Am 27. Juli 2006 traf der Kläger mit BenQ eine Zusatzvereinbarung zum Aufhebungsvertrag, in der sich BenQ verpflichtete, in den Jahren 2007 und 2008 „Trainerleistung im Wert von jeweils 21.000,00 € netto“ abzurufen.
Mit Schreiben vom 28.09.2006 widersprach der Kläger gegenüber seiner früheren Arbeitgeberin, der Beklagten, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses. BenQ stellte am 29.09.2006 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welches zum 1. Januar 2007 eröffnet wurde.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerspruches und daraus resultierend über Entgeltansprüche.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte bereits in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle entschieden, dass das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 29.08.2005 den Anforderungen von § 613a Abs. 5 BGB nicht genügte. Damit hatte die einmonatige Widerspruchsfrist für den Kläger nicht begonnen.
Der Kläger hatte aber sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses verwirkt.
Das Rechtsinstitut der Verwirkung dient dem Vertrauensschutz und erfordert einerseits, dass der Gläubiger seine Rechte über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und andererseits, dass die Umstände, unter denen der Gläubiger untätig geblieben ist, den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle (Umstandsmoment).
Auch wenn das BAG eine feste zeitliche Grenze für das Zeitmoment ablehnt, hält es doch den Zeitraum von fast 13 Monaten zwischen der Unterrichtung über den Betriebsübergang und der Widerspruchserklärung für „grundsätzlich geeignet“, das Vorliegen des Zeitmoments zu bejahen. Der Kläger habe aber darüber hinaus auch das Umstandsmoment erfüllt. Das sei regelmäßig dann der Fall, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, dass der Widerspruch nicht mehr ausgeübt wird. Das sei insbesondere dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert, also beispielsweise einen Aufhebungsvertrag oder ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbart habe. Diese Voraussetzung hätte der Kläger erfüllt, so dass er seinen Anspruch auf Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses verwirkt habe.
Dabei sei unerheblich, ob der Beklagten Kenntnis vom Abschluss des zwischen dem Kläger und BenQ vereinbarten Aufhebungsvertrages habe. Bei einem Betriebsübergang seien Betriebsveräußerer und -erwerber grundsätzlich gemeinsam gegenüber dem Arbeitnehmer zur Unterrichtung verpflichtet und entsprechend berechtigt. Der Widerspruch könne sowohl dem Betriebserwerber als auch dem -veräußerer gegenüber ausgeübt werden. Deshalb dürften sich neuer und alter Arbeitgeber auch wechselseitig auf die Kenntnis des anderen berufen. (BAG vom 20.05.2010 – 8 AZR 1011/08)
8 AZR 1011/08