BAG: Verwirkung des Rechts zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang


Der Kläger war seit dem Jahr 1968 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig. Spätestens seit September 2004 verhandelte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Kläger über einen „Frühruhestand“ und erstellte für diesen mit Datum vom 23.09.2004 eine „Frühruhestandsberechnung“, der ein Ausscheiden durch betriebsbedingte Kündigung sowie anschließende Leistungen für einen Zeitraum von ca. zwei Jahren zugrunde gelegt wurden. Das Arbeitsverhältnis ging mit Wirkung zum 01.11.2004 auf ein anderes Unternehmen über, welches am 20.05.2005 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte. Mit Schreiben vom 23.06.2005 ließ der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die insolvente Erwerberin widersprechen und forderte die Beklagte auf, den Verpflichtungen aus der Frühruhestandsvereinbarung, die der Kläger zwischenzeitlich mit der Erwerberin abgeschlossen hatte, zu erfüllen.

Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab. Zwar sei die Information des Klägers über den Betriebsübergang nicht ordnungsgemäß erfolgt, so dass die Frist zur Ausübung des Widerspruchsrechts nicht begonnen habe. Der Kläger habe sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin jedoch verwirkt, weil er die von der Erwerberin ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung aufgrund der Frühruhestandsvereinbarung akzeptiert und damit über sein Arbeitsverhältnis disponiert habe.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes aufgehoben. Richtig sei, dass die Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe, so dass die Frist zur Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht begonnen habe. Richtig sei auch, dass das Widerspruchsrecht gleichwohl verwirken könne. Zur Verwirkung bedürfe es aber eines Zeitmomentes und eines Umstandsmomentes. Das Zeitmoment könnte mit der Frist von 8 Monaten seit dem Betriebsübergang möglicherweise erfüllt sein. Allerdings sei bereits beim Zeitmoment zu berücksichtigen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken könnten. Darüber hinaus sei es erforderlich, die Länge des Zeitablaufes in Relation zum erforderlichen Umstandsmoment zu setzen, weil nur so geprüft werden könne, ob der Erwerber aufgrund des Zeitablaufes und der Umstände des Einzelfalles darauf vertrauen durfte, dass der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht nicht mehr geltend machen werde.

Die Hinnahme der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung stelle aber kein ausreichendes Umstandsmoment dar, wenn diese bereits zuvor mit der Beklagten vor der Betriebsveräußerung abgesprochen wurde, wie vom Kläger vorgetragen wurde. (BAG vom 24.02.2011 – 8 AZR 469/09)

Aktenzeichen:

8 AZR 469/09