BAG: Verwirkung des Rechts zum Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses bei Betriebsübergang
Mit diesem Betreiberwechsel kam es zu einem Betriebsübergang vom bisherigen Caterer auf den neuen Caterer. Insoweit bestätigt das BAG-Urteil die bisherige Rechtsprechung, wonach der Begriff des Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 1 BGB weit verstanden wird, insbesondere also im Verhältnis zwischen dem bisherigen Caterer (im folgenden: „Veräußerer“) und dem neuen Caterer (im folgendem: „Erwerber“) keinen direkten Veräußerungsvorgang, vor allem keinen förmlichen Veräußerungsvertrag, voraussetzt.
Der Arbeitnehmer machte nun zunächst in einem Rechtsstreit mit dem Erwerber den Übergang des Arbeitsverhältnisses geltend. Dieser Rechtsstreit endete mit einem Vergleich, wonach sich der Arbeitnehmer und der Erwerber u.a. darüber einig waren, dass zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis nie bestanden habe. Im Gegenzug erhielt der Arbeitnehmer für sein insgesamt ca. 25jähriges Arbeitsverhältnis eine Zahlung von 45.000,00 €.
Nach Abschlusses dieses Rechtsstreits mit dem Erwerber, an dem der Veräußerer nicht beteiligt war, erklärte der Arbeitnehmer nunmehr den Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 6 BGB und ging gerichtlich gegen den Veräußerer vor.
Zwar ist dieses Widerspruchsrecht grundsätzlich binnen eines Monats nach Unterrichtung über den Betriebsübergang schriftlich auszuüben, doch setzt die vorbenannte Monatsfrist eine wirksame Unterrichtung voraus. An einer solchen wirksamen Unterrichtung fehlte es offenbar, wie in der Praxis nicht selten, auch im vorbezeichneten Fall. Damit war das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers jedenfalls nicht verfristet.
Gleichwohl hatte der Widerspruch nach Auffassung des BAG im vorliegenden Fall keine rechtlichen Wirkungen. Vielmehr sei das Recht des Arbeitnehmers, dem Betriebsübergang zu widersprechen, hier verwirkt:
Da es im vorliegenden Falle, davon ging das BAG aus, tatsächlich zu einem Betriebsübergang gekommen war und der Arbeitnehmer sich nach dem Betriebsübergang mit dem Erwerber vergleichsweise hinsichtlich des Bestandes des Arbeitsverhältnisses geeinigt habe, gehe ein rechtsgestaltender Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses ins Leere. (BAG vom 17.10.2013 – 8 AZR 974/12)
Hinweise von Rechtsanwalt Michael Kügler: Die Entscheidung des BAG zeigt, dass Arbeitnehmer im Falle eines Betriebsüberganges sorgfältig überlegen müssen, wie sie sich im Verhältnis zum Erwerber oder Veräußerer verhalten. Dies gilt insbesondere für die zeitliche Phase zwischen dem Übergang des Betriebes und der Erklärung des Widerspruchs.
Zeigt hier ein Arbeitnehmer, insbesondere durch ein klageweises Vorgehen (allein) gegen den Erwerber, dass er – vereinfacht ausgedrückt – sich innerlich bereits für einen Übergang des Arbeitsverhältnisses entschieden habe, riskiert er, dass sein Widerspruchsrecht wegen Verwirkung entfällt.
Da es sich bei dem Rechtsinstitut der Verwirkung um einen Anwendungsfall des Grundsatzes von Treu und Glauben handelt, der wiederum in seiner Anwendung stark von den Umständen des Einzelfalles abhängig ist, verbieten sich allerdings schematische Betrachtungen.
Es wird stets von den Umständen des Einzelfalles abhängen, ob eine Verwirkung des Widerspruchsrechts angenommen werden kann oder nicht.
Arbeitnehmer, die mit dem Gedanken spielen, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, sollten ihr Vorgehen gut bedenken.
8 AZR 974/12
8 AZR 974/12