BAG: Wählbarkeit für Betriebsrat nach früherer Tätigkeit als Leiharbeitnehmer
Ein Mitarbeiter war in der Zeit vom 01.10. bis zum 31.12.2009 als Leiharbeitnehmer im Betrieb beschäftigt. Zum 01.01.2010 wurde er in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Der Mitarbeiter reichte nach Bekanntgabe des Wahlausschreibens als Listenvertreter fristgerecht eine aus sechs Wahlbewerbern bestehende Vorschlagsliste beim Wahlvorstand ein. Die Vorschlagsliste wurde vom Wahlvorstand mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Mitarbeiter nicht zum Betriebsrat wählbar sei, weil er noch nicht sechs Monate als Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sei. Die Betriebsratswahl wurde deshalb ohne die Vorschlagsliste des Mitarbeiters durchgeführt und das Wahlergebnis am 28.04.2010 bekannt gegeben. Die Wahl wurde von der Arbeitgeberin und sechs Mitarbeitern fristgerecht angefochten.
Das Bundesarbeitsgericht hielt die Anfechtung für begründet. Der Wahlvorstand hätte die Vorschlagsliste nicht zurückweisen dürfen. Der Listenvertreter sei zum Zeitpunkt der Zurückweisung der Vorschlagsliste zwar noch nicht sechs Monate Arbeitnehmer der Arbeitgeberin gewesen. Darauf komme es jedoch nicht an. Es reiche vielmehr aus, dass ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der vorgesehenen Stimmabgabe bereits über eine Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten verfüge. Auf diese Zeit wird seine vorherige Tätigkeit als Leiharbeitnehmer im Betrieb angerechnet. Bereits der Wortlaut von § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG spreche dafür, Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer im entleihenden Betrieb anzurechnen, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an die Überlassung ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher begründet. Dieses Ergebnis werde durch die Gesetzesgeschichte und den Sinn und Zweck der Norm bestätigt. Das potentielle Betriebsratsmitglied solle den zur sachgerechten Ausübung seines Amtes erforderlichen Überblick über die Verhältnisse im Betrieb besitzen. Der Erwerb dieser Kenntnisse hänge aber nicht davon ab, ob der Bewerber als Leiharbeitnehmer oder als Arbeitnehmer des Arbeitgebers im Betrieb tätig gewesen sei.
Damit lag ein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 WO vor. Diese Verstöße waren geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebswahl müsse nur dann nicht wiederholt werden, „wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre“. Könne eine solche Feststellung nicht getroffen werden, sei die Wahl unwirksam. (BAG vom 10.10.2012, 7 ABR 53/11)
7 ABR 53/11
7 ABR 53/11