BAG: Zuständigkeit des GBR für die Nutzung von Microsoft Office 365
Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Einführung und Anwendung des Softwarepakets Office 365.
Dieses Softwarepaket sollte in allen Betrieben des Unternehmens genutzt werden. Es besteht aus den Desktop-Anwendungen Office 365 ProPlus (jetzt Microsoft 365 Apps) und den Diensten Teams, Yammer, Sway, Planner, Stream, Flow (jetzt Power Automate), Forms, Power Apps und To Do. Die Nutzung der Software soll in Form einer „1-Tenant-Lösung“ erfolgen. Dabei wird das gesamte Unternehmen bezogen auf die elektronische Datenverarbeitung als ein einheitlicher Mandant (Tenant) mit einer zentralen Administration geführt. Die bei der Nutzung der Software erstellten und erhobenen Daten werden in einer einheitlichen Cloud gespeichert. Der Gesamtbetriebsrat hat der Einführung und Nutzung des Softwarepakets im April 2019 zugestimmt.
Einer der im Unternehmen gebildeten lokalen Betriebsräte hat das Beschlussverfahren eingeleitet und dabei die Auffassung vertreten, er habe bei der Einführung und Anwendung des Softwarepakets – zumindest hinsichtlich von Teilen dieses Softwarepakets – mitzubestimmen. Es bestehe insofern keine zwingende technische Notwendigkeit für die unternehmensweit einheitliche Regelung.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigt zunächst, dass die Einführung und Anwendung von Microsoft Office 365 der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterliegt. Zutreffend sei insofern allerdings das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die unternehmensweite Nutzung des Softwarepakets Office 365 von Microsoft in Form einer „1-Tenant-Lösung“ aus zwingenden technischen Gründen eine betriebsübergreifende Regelung erfordere und deshalb die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats eröffnet sei, die sich allerdings als Ausnahme von der Regel darstelle, nach der grundsätzlich von einer Zuständigkeit der unmittelbar von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gebildeten Gremien auszugehen ist. Grund dafür sei, dass die Administration der Software nur einheitlich für das gesamte Unternehmen erfolgen kann und dementsprechend auch die Administrationsrechte zentral vergeben werden. Allein die Tatsache, dass bei einzelnen Modulen benutzerbezogene Einstellungen vorgenommen werden können, führe insofern zu keiner anderen Bewertung. Dies liege daran, dass die zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle geeigneten Komponenten technisch nicht auf bestimmte Personen oder Personengruppen einschränkbar sind.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Das Bundesarbeitsgericht arbeitete anhand der gefestigten Rechtsprechung zur Abgrenzung der Zuständigkeitsverteilung zwischen lokalem Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat zutreffend die hier gegebene Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats heraus. Es ist allerdings zu beachten, dass die Verwendung von Microsoft Office 365 insofern eine Ausnahme darstellt und dass auch bei der Einführung und Nutzung von IT-Systemen, die zur Leistungs– und Verhaltenskontrolle geeignet sind, grundsätzlich bis direkt von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewählte lokale Gremium zuständig ist. Nur wenn ein Fall des sogenannten „Nichtregelnkönnens“ vorliegt, kann im Fall der zwingenden Mitbestimmung der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat zuständig sein.
Gericht:
BAG
Aktenzeichen:
1 ABR 20/21
Datum der Entscheidung:
08.03.2022