BAG: Freie Arbeitsplätze von im Ausland gelegenen Betrieben sind vor dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht anzubieten
Am 29.08.2013 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass freie Arbeitsplätze in im Ausland gelegenen Betrieben vor dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht geprüft und angeboten werden müssen.
Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vor Ausspruch einer Kündigung zu prüfen. Die Prüfung hat grundsätzlich auf Unternehmensebene zu erfolgen. Gegenstand der vorliegenden Entscheidung war die Frage, ob dabei auch im Ausland gelegene Betriebe berücksichtigt werden müssen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wurde die gesamte Produktion (Unternehmen der Textilindustrie aus Nordrhein-Westfalen) in der Tschechischen Republik, wo sich bereits seit geraumer Zeit eine Betriebsstätte befand, konzentriert. In Deutschland blieb lediglich die Verwaltung nebst kaufmännischem Bereich zurück. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Arbeitsplätze von im Ausland gelegenen Betriebe grundsätzlich nicht zu berücksichtigen seien, da sich der Geltungsbereich des Ersten Abschnitts des KSchG gemäß § 23 Abs. 1 KSchG nur auf die Bundesrepublik Deutschland erstrecke. Die Frage, ob anders zu entscheiden wäre, wenn der Betrieb im Ganzen oder ein Betriebsteil unter Wahrung der Identität ins Ausland verlagert werden würde, blieb in der Entscheidung offen.
Hinweise von Rechtsanwältin Astrid Siebert:
Damit ist zumindest eine grundsätzliche Entscheidung auf Bundesebene hinsichtlich der Auslegung des Betriebsbegriffes in § 1 Abs. 2 KSchG gefallen. Bislang gab es auf Landesebene widerstreitende Auffassungen, ob solche Arbeitsplätze Berücksichtigung finden müssen (LAG BE/BB vom 1.6.2011 – 4 Sa 218/11 versus LAG HH vom 22.3.2011 – 1 Sa 2/11). Vor dem Hintergrund der weiterhin zunehmenden Internationalisierung bringt die Entscheidung auf Bundesebene in dieser Frage die notwendige Rechtsklarheit. Ob die Schranken des Territorialitätsprinzips auch im Falle der Verlagerung eines gesamten Betriebs oder identitätswahrenden Betriebsteils greifen werden, bleibt abzuwarten.
2 AZR 809/12
2 AZR 809/12