BFH: Steuerwirksame Gestaltung des Zuflusses einer Abfindung
Die Stundung einer Abfindungszahlung bis zum Januar des folgenden Jahres bewirkt nach einer Entscheidung des BFH keinen Zufluss der Abfindung im alten Jahr. Der Zufluss erfolgt im neuen Jahr.
Die Klägerin erhielt von ihrer früheren Arbeitgeberin anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 75.000,00 DM. Hierzu enthielt der Sozialplan die Regelung, dass die Abfindung mit rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig ist. Es erfolgte ein Interessenausgleich, auf dessen Grundlage die Klägerin einen dreiseitigen Vertrag mit ihrer alten Arbeitgeberin und einer Auffanggesellschaft schloss. Danach endete das Arbeitsverhältnis bei ihrer alten Arbeitgeberin mit Ablauf des 14. November 2000. Mit Wirkung zum 15. November 2000 trat die Klägerin in ein befristetes neues Arbeitsverhältnis mit der Auffanggesellschaft ein. Die vereinbarte Abfindung nach dem Interessenausgleich und Sozialplan war von der alten Arbeitgeberin zu zahlen. Im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss teilte die Arbeitgeberin mit, dass absprachegemäß der steuerpflichtige Teil der Abfindungszahlung im Januar des Folgejahres zur Auszahlung gebracht werde, die Auszahlung des steuerfreien Anteils der Abfindung bei Austritt mit der Novemberabrechnung erfolge. Die Abfindung wurde dementsprechend ausgezahlt und von der Klägerin bei der Einkommenssteuererklärung berücksichtigt. Das Finanzamt behauptete, dass der Klägerin die gesamte Abfindung bereits im Jahr 2000 zugeflossen sei und berücksichtigte dies in den Einkommenssteuerbescheiden. Dadurch entstand der Klägerin ein steuerlicher Nachteil, ferner wurden Nachzahlungszinsen festgesetzt. Nach erfolglosem Einspruch wurde der Klage vom Finanzgericht stattgegeben. Die Revision des Finanzamtes wurde vom BFH zurückgewiesen. Der BFH stellt klar, dass eine Stundung einer Abfindungszahlung keinen Zufluss bewirkt, vielmehr diesen hinausschiebt. Er betont, dass die Fälligkeit eines Anspruchs allein noch nicht zu einem gegenwärtigen Zufluss führt. Entscheidend sei allein der uneingeschränkte, volle wirtschaftliche Übergang des geschuldeten Gutes oder das Erlangen der wirtschaftlichen Dispositionsbefugnis darüber. Auch sei es nicht rechtsmissbräuchlich den Zuflusszeitpunkt gemeinsam zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gestalten. Eine Fälligkeitsvereinbarung vor Entstehung der Forderung könne nicht als Disposition über die Forderung als solche auszulegen sein. Es gelte hier auch keine Vorrangigkeit der Fälligkeitsregelung im Sozialplan. Zwar gelten Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend, jedoch muss dabei das Günstigkeitsprinzip beachtet werden. Stellen sich einzelvertraglich vereinbarte Regelungen als für den Arbeitnehmer günstiger dar, so wie hier die steuerlich günstigere Wirkung, so haben diese Vorrang vor der Betriebsvereinbarung (Sozialplan). (BFH 11.11.2009 – IX 1/09)
Hinweise: Der BFH hat bestätigt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Gestaltung von Fälligkeitsbestimmungen von Abfindungszahlungen einen großen Spielraum haben. Es ist dabei nicht rechtsmissbräuchlich die steuergünstigsten Varianten zu wählen. Der BFH lässt hier sogar zu, dass ursprüngliche Fälligkeitsvereinbarungen bis zur ursprünglich vereinbarten Fälligkeit der Forderung abgeändert werden. Er lässt aber offen, ob ein steuerschädlicher Zufluss bestünde, wenn die Fälligkeit erst nach der ursprünglich vereinbarten Fälligkeit der Forderung – aber vor Erfüllung – verändert werden würde. Die Abfindungsforderung wird nach den meisten Sozialplänen mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gegebenenfalls erst nach rechtskräftiger Beendigung eines Gerichtsverfahrens fällig. Es ist also darauf zu achten, die Regelung über die Fälligkeit jedenfalls vor diesem Zeitpunkt zu vereinbaren oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst nach dem Jahreswechsel zu gestalten. Die letztere Variante ist jedenfalls für den Arbeitnehmer sicherer, da noch nicht abzusehen ist, wie die Finanzbehörden mit der Umsetzung des BFH-Urteils umgehen. Ein sogenannter Nichtanwendungserlass ist aber noch nicht bekannt.
IX R 1/09
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