BSG: Abfindung auf Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) anrechenbar

Das Bundessozialgericht hatte sich in seiner Entscheidung vom 03.03.2009 mit der Frage zu befassen, ob die in einem Kündigungsschutzprozess in einem Vergleich vereinbarte Abfindung auf Leistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) anrechenbar ist. Hintergrund bildete ein Fall, in dem der vormalige Arbeitgeber die geschuldete Abfindung an den Arbeitnehmer erst aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, also mit erheblicher Verzögerung, bezahlte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Arbeitnehmer aber bereits in Bezug von Arbeitslosengeld II („Hartz IV“).

Nach Auffassung des BSG sei die Abfindungszahlung als berücksichtigungsfähiges Einkommen im Sinne des § 11 SGB II und nicht als – unter Umständen zu schonendes – Vermögen im Sinne von § 12 SGB II anzusehen. Entscheidend sei der Zeitpunkt des Zuflusses: Einkommen sei grundsätzlich all das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält. Da die hier die Abfindungszahlungen nach Antragstellung auf die Sozialleistungen erfolgte, könne kein Vermögen vorliegen.

Auch habe der Gesetzgeber im Rahmen des Arbeitslosengeldes II davon abgesehen, die im alten Recht der Arbeitslosenhilfe enthaltene Privilegierung von Abfindungszahlungen zu übernehmen. Diese Entscheidung des Gesetzgebers könne nicht durch eine anderslautende Auslegung überspielt werden.

Soweit dem Arbeitnehmer ein Nachteil dadurch erwachse, dass der vormalige Arbeitgeber die Abfindung erst verspätet gezahlt habe, könne dies allenfalls einen (zivilrechtlichen) Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitgeber auslösen (BSG, Urt. v. 03.03.2009, Az. B 4 AS 47/08 R).

Hinweise von Rechtsanwalt Michael Kügler:

Die Entscheidung des BSG ist sozialrechtlich in sich nachvollziehbar begründet. Im wirtschaftlichen Ergebnis ist sie indes von Zufälligkeiten geprägt. Der vormalige Arbeitnehmer und jetzige Leistungsbezieher hat auf das Zahlungsverhalten seines ehemaligen Arbeitgebers praktisch keinen Einfluss. Hätte er die Zahlung früher erhalten, als z.B. zu einem Zeitpunkt, zu dem er etwa noch Arbeitslosengeld I bezieht, wäre sie in sein Vermögen geflossen und nur unter den Einschränkungen des § 12 SGB II anrechenbar gewesen.

Da das BSG sich derartigen Überlegungen aus dem Blickwinkel des Sozialleistungsrechts verschlossen hat und vielleicht auch verschließen musste, können Arbeitnehmer bei drohender Bedürftigkeit nur versuchen, die Abfindungszahlungen auf jeden Fall noch vor einem Leistungsbezug von Arbeitslosengeld II durchzusetzen.

Aktenzeichen:

B 4 AS 47/08 R