Buchauszug und rückständige Provisionen
Über die Frage des Bestehens und der Höhe des Ausgleichsanspruches bei einer Vertragsbeendigung hinaus stellen sich häufig Fragen nach rückständigen Provisionen. Zu deren Bezifferung bietet es sich auf Seiten des Handelsvertreters regelmäßig an, einen sog. Buchauszug gegen den Unternehmer geltend zu machen.
Der Handelsvertreter kann gemäß § 87c Abs. 2 HGB einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm gemäß § 87 HGB ein Provisionsanspruch zusteht.
Der Buchauszug soll dem Handelsvertreter die Kontrolle aller provisionsrelevanten Vorgänge ermöglichen und ihn – in Ergänzung der Provisionsabrechnungen – in die Lage versetzen, zu untersuchen, ob ihm für alle provisionspflichtigen Geschäfte Provisionen gutgeschrieben wurden.
Der Auszug dient daher – aus sich heraus und mittels eines Vergleichs mit den eigenen Unterlagen (Notizen zu den getätigten Umsätzen usw.) – der Überprüfung, ob die erteilte Provisionsabrechnung richtig und vollständig ist, und zwar im Hinblick auf jedes einzelne provisionspflichtige Geschäft.
Der Buchauszug muss eine auf den Büchern des Unternehmers und den dazu gehörenden Unterlagen beruhende, ins Einzelne gehende, auf den Zeitpunkt seiner Erstellung bezogene vollständige Bestandsaufnahme der vom Vertreter vermittelten Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmer über alles enthalten.
Also müssen sämtliche im Zeitpunkt der Aufstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten geschäftlichen Verhältnisse vollständig in klarer und übersichtlicher Form aufgelistet werden, soweit sie sich aus den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen. Nur dann kann der Buchauszug seinen Zweck erfüllen, dem Handelsvertreter über seine Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnung zu ermöglichen.
Der Buchauszug ist vollständig, wenn er die gesamten Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmer, Kunden und Vertreter wiederspiegelt. Dies hat nach der Rechtsprechung mittels einer chronologisch geordneten, aus sich heraus verständlichen tabellarischen Übersicht zu erfolgen, welche in logischer und nachvollziehbarer Weise die einzelnen Geschäfte zusammenstellt. Deshalb reicht eine Übermittlung von Auftrags- und Rechnungskopien in der Regel nicht aus, um den Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters zu erfüllen. Eine Wiederholung der bereits erteilten Abrechnungen genügt vor allem deshalb nicht, weil das Buchauszugsrecht zusätzlich zum Abrechnungsrecht besteht.
Es ist auch nicht die Aufgabe des Handelsvertreters, sich aus einer Vielzahl von übermittelten Informationen die verwertbaren Details herauszusuchen oder diese zu einem eigenen Buchauszug zusammenzustellen. Den Buchauszug hat der Unternehmer auf seine Kosten zu fertigen und darf diese Aufgabe nicht an den Handelsvertreter abwälzen.
In den Buchauszug müssen alle provisionspflichtigen Geschäfte mit ihrem wesentlichen Inhalt aufgenommen werden – ohne Rücksicht auf den Stand ihrer Abwicklung (also beispielsweise auch abgeschlossene, aber noch nicht erfüllte Geschäfte). Das Schicksal jedes einzelnen Geschäfts muss sich von seinem Zustandekommen bis zu seiner endgültigen Abwicklung entnehmen lassen. Im Buchauszug sind auch die Geschäfte aufzuführen, die nach § 87a Abs. 3 HGB provisionspflichtig sein können (ganz oder teilweise nicht ausgeführte Geschäfte sowie nicht so ausgeführte Geschäfte, wie sie abgeschlossen wurden).
Im Gegensatz zur Abrechnung sind in einen Buchauszug insbesondere auch die erst bedingt entstandenen Provisionsansprüche aufzunehmen, um dem Vertreter einen vollständigen Überblick über Stand, Stadium und Weg der Geschäfte zu geben. Bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertreter und Unternehmer, gehören die Angaben zu den im Streit stehenden Geschäften in den Auszug, ebenso bei nur möglicher Provisionspflicht.
Der Buchauszug wird fällig, sobald der Handelsvertreter ihn einfordert. Erfüllt der Unternehmer den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nicht oder nur unvollständig, kann der Handelsvertreter eine sog. Stufenklage erheben und in der ersten Stufe den Buchauszugsanspruch (ggf. seinen Buchauszugsergänzungsanspruch) sowie in der zweiten Stufe die sich aus dem zu erteilenden Buchauszug ergebenden (rückständigen) Provisionen geltend machen.