BVerwG: Kein Ausschluss des Mitbestimmungsrechts bei übertariflichen Leistungen aufgrund individueller Entscheidungen


Der Antragsteller wollte mit einer Nichtzulassungsbeschwerde geklärt wissen, ob sich die Dienststellenleitung der Mitbestimmung des Personalrates dadurch entziehen könne, dass einem nennenswerten Anteil von Beschäftigten übertarifliche Leistungen ausschließlich aufgrund individueller Entscheidungen gewährt werden, denen keine abstrakt-generellen Regelungen zugrunde liegen.

Das Bundesverwaltungsgericht verwies auf die Bestimmung von § 79 Abs. 1 S. 1 Ziff. 5 BadWürttPersVG. Dieser hat folgenden Wortlaut:

(1) Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über
(…)
5. Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere durch Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte einschließlich der Geldfaktoren, (…)

Dabei sei zwischen einer reaktiven und einer aktiven Form der Mitbestimmung zu unterscheiden. Die reaktive Mitbestimmung knüpfe an Maßnahmen der Dienststellenleitung an. Wenn die Dienststellenleitung übertarifliche Leistungen vergebe, ohne dabei abstrakt-generelle Regelungen anzuwenden, werde das Mitbestimmungsrecht des Personalrates nicht verletzt, solange der Personalrat nur die reaktive, auf Maßnahmen der Dienststellenleitung reagierende Mitbestimmung geltend mache.

Der Personalrat könne sein Mitbestimmungsrecht aber gleichwohl durchsetzen. Ihm stehe nämlich gem. § 70 Abs. 1 S. 1 BadWürttPersVG ein Initiativrecht zu, welches sich auf die Mitbestimmung bei der Lohngestaltung erstrecke. Damit könne der Personalrat die Aufstellung von Verteilungsgrundsätzen für übertarifliche Regelungen gegenüber der Dienststellenleitung erzwingen. Die Dienststellenleitung könne sich dann der Mitbestimmung nicht dadurch entziehen, dass sie übertarifliche Leistungen nur im Wege individueller Entscheidungen vergebe. (BVerwG v. 28.05.2009, 6 PB 5/09)

Hinweise von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto: Die Entscheidung ist für das Personalvertretungsgesetz des Landes Baden-Württemberg ergangen, gleichwohl aber auf andere Länder übertragbar. Auch in anderen Bundesländern steht dem Personalrat ein Initiativrecht bei Angelegenheiten der betrieblichen Lohngestaltung zu. So hat ein Personalrat in Hessen gem. § 74 Abs. 1 Ziff. 13 HPVG bei

Fragen der Lohngestaltung innerhalb der einzelnen Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren

mitzubestimmen; dazu steht ihm gem. § 69 Abs. 3 HPVG ein Initiativrecht zu.

Aktenzeichen:

6 PB 5/09

6 PB 5/09

6 PB 5/09