EU-Vorgaben zum Mindesturlaub gelten auch für Beamte
Der EuGH hat am 03.05.2012 entschieden (AZ. C-337/10), dass die EU-Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, wonach allen Arbeitnehmern ein Mindesturlaub zusteht, auch für Beamte gilt. Wenn ein Beamter vor Eintritt in den Ruhestand krankheitsbedingt seinen Urlaub nicht nehmen konnte, so hat er wie andere Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung im Umfang des Mindesturlaubs von vier Wochen im Jahr.
Der Entscheidung des EuGH lag ein Vorabentscheidungsersuchen des VG Frankfurt a.M. zugrunde, welches dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2003/88 vorgelegt hatte. Es wollte insbesondere wissen, ob diese auch für Beamte gilt und ob sich der darin vorgesehene Urlaubsabgeltungsanspruch nur auf den Mindestjahresurlaub von vier Wochen bezieht. Der Kläger des Ausgangsverfahrens war bei der beklagten Stadt Frankfurt a.M. als Feuerwehrmann im Beamtenverhältnis beschäftigt, jedoch seit Mitte des Jahres 2007 krankheitsbedingt dienstunfähig; im Spätsommer 2009 trat er in den Ruhestand. Nach den anwendbaren Rechtsvorschriften musste er seinen Urlaub grds. im Urlaubsjahr nehmen; daneben bestand ein Übertragungszeitraum von neun Monaten, so dass Urlaub, der nicht innerhalb dieser neun Monatenach dem Ende des Urlaubsjahres angetreten worden war, verfiel.
Der EuGH bejahte die Vorlagefragen und entschied, dass die Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung auch für Beamte gilt, die als Feuerwehrmann tätig sind. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich grds. auf alle privaten und öffentlichen Tätigkeitsbereiche. Die in der Richtlinie geregelten Ausnahmen hiervon sollen lediglich das Funktionieren von Diensten gewährleisten, die für den Schutz der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit und Ordnung unerlässlich sind. Nach dieser Richtlinie hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen im Jahr. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden, gewährt die Richtlinie dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf finanzielle Vergütung. Für den Streitfall folgt hieraus, dass Beamte bei Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bezahlten Jahresurlaub haben, den sie krankheitsbedingt nicht genommen haben. Die Richtlinie steht allerdings der Anwendung nationaler Bestimmungen nicht entgegen, die dem Beamten zusätzlich zum Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren. Im Hinblick auf diesen zusätzlichen Urlaub können die nationalen Rechtsvorschriften daher vorsehen, dass dieser nicht abzugelten ist, wenn der Beamte ihn krankheitsbedingt nicht nehmen konnte. Wie der EuGH bereits jüngst entschieden hat, müssen Urlaubsansprüche bei Krankheit zwar nicht beliebig lang angehäuft werden können (EuGH, Urt. v. 22.11.2011 – Rs. C-214/10 – “Winfried Schulte”). Der Übertragungszeitraum muss die Dauer des Bezugszeitraums (hier: ein Jahr), für den er gewährt wird, jedoch deutlich überschreiten. Bei einem Jahresurlaub sind demnach neun Monate zu kurz; 15 Monate reichen hingegen nach dem Urteil vom 22.11.2011 aus.
C-337/10
C-337/10
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