Flächentarifverträge können ungünstigere Haustarifverträge verdrängen

Das LAG Schleswig-Holstein hat am 21.03.2012 entschieden (AZ. 3 Sa 230/11), dass im Vergleich zu Flächentarifverträgen ungünstigere Haustarifverträge Erstere grundsätzlich nicht verdrängen, wenn in nach der Schuldrechtsreform vom 1.1.2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen mit gewerkschaftlich nicht organisierten Arbeitnehmern die Anwendbarkeit des jeweiligen Flächentarifvertrags (hier: BAT und TVöD) vereinbart wurde. Etwas anderes gelte nur, wenn es für eine gewollte Verdrängung konkrete Anhaltspunkte im Arbeitsvertrag gibt.

Die nach dem 1.1.2002 abgeschlossenen Arbeitsverträge der nicht gewerkschaftlich organisierten Kläger, die in zu einer Krankenhausholding gehörenden Kliniken beschäftigt sind, enthalten einen Verweis auf den jeweiligen BAT und der sich diesem Tarifvertrag anschließenden Tarifverträge. Im Jahre 2007 schlossen die Gewerkschaften ver.di und NGG mit der Krankenhausholding einen Sonderzuwendungstarif als Haustarifvertrag ab, wonach die Arbeitnehmer ab dem Jahre 2007 für jedes Wirtschaftsjahr eine vom Betriebsergebnis abhängige Sonderzahlung auf Basis eines bestimmten Faktors erhalten sollten. Für die Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und NGG ergeben sich gegenüber den übrigen Arbeitnehmern jeweils höhere Faktoren. Die Kläger erhielten daraufhin teils weniger als die Hälfte der BAT- bzw. TVöD-Ansprüche. Mit ihren Klagen verlangten sie die Zahlung der Differenz.

Das LAG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass die Kläger einen Anspruch auf Sonderzahlung in der im BAT bzw. TVöD geregelten Höhe haben, weil der Haustarifvertrag die Regelungen der in Bezug genommenen Flächentarifverträge nicht ersetzt habe. Maßgeblich sei insoweit, dass die Arbeitsverträge der Kläger nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vom 1.1.2002 abgeschlossen worden sind. Sie sind daher wegen dieser Gesetzesänderung und dem dort neu gestalteten Transparenzgebot eng am Wortlaut orientiert auszulegen und können grundsätzlich durch ungünstigere Haustarifverträge nicht verdrängt werden. Etwas anderes würde nur gelten, wenn es in den Arbeitsverträgen konkrete Anhaltspunkte für eine gewollte Verdrängung geben würde. Dies sei jedoch nicht der Fall. Den Verträgen kann nicht entnommen werden, dass derkonkret genannte Flächentarifvertrag BAT durch spätere, an sich sachnähere Haustarife verdrängt werden sollte.

Aktenzeichen:

3 Sa 230/11

3 Sa 230/11