KAGH Bonn: Bildungsvoraussetzungen erweiterte Gesamt-MAV
In dem Verfahren waren die Voraussetzungen für die Bildung einer erweiterten Gesamtmitarbeitervertretung streitig. Konkret wurde der Streit zunächst über die Zurverfügungstellung eines geeigneten Raumes für die Durchführung der Beratungssitzung aller betroffenen Mitarbeitervertretungen von acht Stiftungs-MAVen nach § 24 Abs.3 MAVO geführt. Stiftungsrat und Stiftungsvorstand sind jeweils personenidentisch besetzt.
Die erste Instanz hatte dem Antrag der größten MAV stattgegeben. Auf die Revision des Dienstgebers wurde dieses Urteil jetzt aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die notwendige einheitliche und beherrschende Leitung nicht gegeben sei. Zwar könne eine solche Abhängigkeit auch dann bestehen, wenn keine Mehrheitsbeteiligung eines Rechtsträgers über die anderen Gesellschaften besteht. Voraussetzung sei dann aber, dass das herrschende Unternehmen über Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, das abhängige Unternehmen seinem Willen zu unterwerfen und diesem bei ihm durchzusetzen. Allein die Personenidentität in den betroffenen Stiftungsgremien sei hierfür ohne weitere rechtliche Beherrschungsmittel nicht ausreichend.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Nach der einschlägigen Rechtsprechung kommen als Beherrschungsmittel u.a. Mehrheitsbeteiligungen (§ 17 AktG), Stimmrechte, Entsendungsrechte, Beherrschungsverträge und sonstige Unternehmensverträge in Betracht (vgl. LAG Hessen vom 05.02.2004 – 9. ABV 64/03 mit weiteren Nachweisen). Wenn keine gesellschaftsrechtliche Mehrheitsbeteiligung vorliegt, muss nach der jetzt vorliegenden Rechtsprechung die anderweitig begründete Abhängigkeit der gesellschaftsrechtlich vermittelten Abhängigkeit zumindest gleichwertig sein. Dazu muss das herrschende Unternehmen über die rechtlich verfestigte Möglichkeit verfügen, grundsätzlich alle unternehmensrelevanten Entscheidungen des abhängigen Unternehmens zu steuern. Spannend wird sein, wie in Zukunft diese Frage für das Verhältnis von Kirchengemeinden zum Bistum beurteilt werden wird.
Gericht:
KAGH Bonn
Datum der Entscheidung:
15.05.2020
Aktenzeichen:
M 18/19